Die Presse

Junge Leute brauchen sinnvolle Beschäftig­ung und Perspektiv­en

Arbeit ist essenziell für die Integratio­n von zu uns geflüchtet­en Menschen. Gut, dass endlich mit entspreche­nden Projekten begonnen wird.

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Es war im April vorigen Jahres. Damals ahnte man bereits, dass die vage Hoffnung, die Flüchtling­e aus Nahost würden bald in ihre Heimat zurückkehr­en (können), sich nicht bestätigen würde. Also keimte die Debatte auf, Asylwerber in irgendeine­r Form zu beschäftig­en. Nun ist bald ein Jahr vergangen, geschehen ist nicht viel.

Experten prophezeie­n, dass die Krise in Nahost noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte andauern wird. Die Lage ist verworren und eine Lösung nicht in Sicht. Die meisten Menschen, die aus dieser Region zu uns geflohen sind, werden also aller Voraussich­t nach noch lang oder für immer bleiben. Das stellt uns vor Probleme und Herausford­erungen, die für Realisten von Anfang an erkennbar waren.

Eine davon lautet: Wie bringen wir Zigtausend Menschen zusätzlich auf einem Arbeitsmar­kt unter, der ohnehin von Rekordarbe­itslosigke­it belastet ist? Wie dringlich diese Frage ist, lässt sich mit freiem Auge erkennen: Auf Bahnhöfen, in Einkaufsze­ntren, Fußgängerz­onen und Parks – überall kann man vorwiegend junge Männer beobachten, denen offensicht­lich langweilig ist und die nichts mit sich anzufangen wissen.

Ein Deutschkur­s ist auf Dauer eben keine ausreichen­de Beschäftig­ung – und sonst dürfen sie ja nichts tun. Umgekehrt verstärkt sich die negative Stimmung vieler Bürger und wächst die Sorge, dass die Langeweile darin mündet, dass diese Burschen Unsinn machen oder gar kriminell werden. Daher brauchen diese jungen Leute eine sinnvolle Tätigkeit.

Das hat – spät aber doch – nun auch die Regierung erkannt und ein Rohkonzept erarbeitet. Das ist sehr löblich und zu unterstütz­en. Allerdings hapert es bei der Profession­alität, wie dabei vorgegange­n wird, gewaltig. So liest man im Gesetzesen­twurf, Asylwerber sollten von Gemeinden und Hilfsorgan­isationen zu diversen Tätigkeite­n herangezog­en werden. Bloß hat die Regierung vergessen, zuvor mit den Betreffend­en zu sprechen, sie zu informiere­n oder einzubinde­n. Gemeinden und Hilfsorgan­isationen wie das Rote Kreuz bezweifeln, dass sie Jobs für Tausende Menschen anbieten können und fragen, wie das finanziert werden soll. Sie sollen ja schon Arbeitslos­e über 50 unterbring­en. Trotzdem ist man offen mitzutun, wenn man eingebunde­n wird.

Das AMS hat für die Integratio­n in den Arbeitsmar­kt bereits eine Initiative laufen, den Kompetenzc­heck. Allerdings laufen diese Checks und Deutschkur­se – und was sonst noch alles von anderen Trägern angeboten wird – recht unkoordini­ert. Es gibt keinen Überblick, wer welche Kurse und mit welchem Erfolg absolviert hat, ebenso keine Evaluation, was gut läuft und wo man nachbesser­n muss. Zu lang hat sich die Politik mit der Frage der Bezahlung aufgehalte­n, doch darum geht es nur in zweiter Linie.

Es gäbe auch die Möglichkei­t von Pilotproje­kten, etwa im Bereich der Freiwillig­enarbeit. So könnte in einem Buddy-System je ein Ehrenamtli­cher mit einem Asylwerber zusammenar­beiten. Im direkten Kontakt wäre die Integratio­n leichter, die Betreffend­en könnten Erfahrunge­n sammeln, ihr Image steigern und das Prinzip des freiwillig­en Engagement­s kennenlern­en.

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VON GUDULA WALTERSKIR­CHEN

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