Die Presse

Neue Hürde für Jobmigrant­en

Arbeitsmar­kt. Kanzler Kern will mit einem Beschäftig­ungsbonus nur für Arbeitslos­e den Zuzug von Osteuropäe­rn einschränk­en. Das sei nicht EU-widrig, sagt WU-Professor Franz Marhold.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Wien. Die SPÖ fordert immer vehementer Einschränk­ungen für osteuropäi­sche Arbeitskrä­fte. Denn ein großer Teil der neuen Jobs, die in den vergangene­n Jahren in Österreich entstanden sind, wurde an Menschen aus Osteuropa vergeben. Im Arbeitspro­gramm der Regierung, das Ende Jänner verabschie­det wurde, heißt es daher, dass die Arbeitskrä­ftemigrati­on reduziert werden soll. Doch EU-Experten warnen, dass osteuropäi­sche Arbeitskrä­fte nicht vom österreich­ischen Arbeitsmar­kt ausgeschlo­ssen werden dürfen.

Am Sonntag legte Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) via „Krone“einen Vorschlag dazu vor. Wütende Proteste der ÖVP waren die Folge. Am Montag präsentier­te das Bundeskanz­leramt dazu weitere Details. Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) sieht darin einen Schwenk von Kern. Mit den am Montag vorgelegte­n Details habe der Kanzler seinen ursprüngli­chen, in der „Krone“gemachten Vorschlag zurückgezo­gen und geändert. Die SPÖ bestreitet das. Worum geht es?

Kern will den Zuzug aus Osteuropa einschränk­en, indem der geplante Beschäftig­ungsbonus nur für folgende Gruppen gilt: für alle beim AMS gemeldeten Personen, für Abgänger einer österreich­ischen Ausbildung­seinrichtu­ng und für alle in Österreich bereits beschäftig­t gewesene Personen (Jobwechsle­r). Der Beschäftig­ungsbonus soll ab 1. Juli gelten. Er sieht vor, dass Unternehme­n, die Arbeitsplä­tze schaffen, in den nächsten drei Jahren 50 Prozent der Lohnnebenk­osten erstattet bekommen.

WU-Professor: Keine Bedenken

Eine Einschränk­ung des Beschäftig­ungsbonus auf beim AMS als arbeitslos gemeldete Personen sei nicht EU-widrig, sagt Franz Marhold, Vorstand des Instituts für österreich­isches und europäisch­es Arbeits- und Sozialrech­t an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien, im „Presse“-Interview.

Denn schließlic­h seien rund 30 Prozent der beim AMS gemeldeten Personen ausländisc­he Staatsbürg­er. „Und diese können auch den Beschäftig­ungsbonus erhalten“, so Marhold. EU-widrig wäre es, wenn nur österreich­ische Staatsbürg­er den Bonus bekämen. Doch mit dem Passus, dass alle beim AMS gemeldeten Personen inkludiert seien, gibt es laut Marhold keine Bedenken. Denn es sei laut EURecht legitim, dass die einzelnen Mitgliedst­aaten Maßnahmen zur Förderung ihres Arbeitsmar­ktes setzen.

Anders verhält es sich beim Vorschlag, dass nur Abgänger einer österreich­ischen Ausbildung­seinrichtu­ng den Beschäftig­ungsbonus bekommen sollen. Beim Passus „österreich­ische Ausbildung­seinrichtu­ng“könnte laut Marhold eine „mittelbare Diskrimini­erung“vorliegen, die zwar sachlich rechtferti­gt werden kann. Im Gegensatz zur Arbeitsmar­kt- politik ist hier aber die Rechtferti­gung nicht einsichtig. Denn in österreich­ischen Einrichtun­gen werden typischerw­eise österreich­ische Staatsbürg­er ausgebilde­t. „Das ist eine Bevorzugun­g, die möglicherw­eise vom Europäisch­en Gerichtsho­f aufgehoben wird“, so Marhold. Der Bonus müsste dann auf Absolvente­n in allen EU-Ausbildung­seinrichtu­ngen ausgedehnt werden. „Außerdem kann es vorkommen, dass österreich­ische Studenten im Ausland studieren und dann in Österreich einen Job annehmen wollen. Diese müssen genauso förderungs­würdig sein“, so Marhold.

Die ÖVP ist weiterhin skeptisch und will den neuen Vorschlag von Kern prüfen.

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[ Clemens Fabry ] Kanzler Kern will mit einem Beschäftig­ungsbonus die Arbeitslos­igkeit reduzieren.

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