Schranke für Migranten aus Osteuropa
Arbeitsmarkt. Die Wirtschaft, die Gewerkschaft und auch die FPÖ applaudieren: Mit einem zwei Milliarden Euro teuren Beschäftigungsbonus sollen in erster Linie Inländer gefördert werden.
Mit einem zwei Milliarden Euro teuren Beschäftigungsbonus sollen in erster Linie Inländer gefördert werden. Wirtschaft, Gewerkschaft und FPÖ applaudieren.
Wien. Der frühere ArbeiterkammerDirektor Werner Muhm dürfte sich die Hände reiben: Er war der erste prominente SPÖ-Vertreter, der im Vorjahr via „Krone“eine Notfallklausel forderte, um den Zuzug von osteuropäischen Arbeitskräften einzuschränken. Nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die ÖVP schossen sich damals auf Muhm ein. Doch inzwischen hat sich die Stimmung geändert. Am Dienstag wurde im Ministerrat mit dem Beschäftigungsbonus eine Notbremse gegen weitere Arbeitsmigranten aus Osteuropa beschlossen. Applaus kommt jetzt nicht nur von der FPÖ, sondern auch von ÖVPWirtschaftsvertretern, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung. Die „Presse“bringt dazu die wichtigsten Antworten.
1 Wie funktioniert der Beschäftigungsbonus?
Unternehmen erhalten ab Anfang Juli einen Bonus für zusätzlich geschaffene Arbeitsplätze. Konkret bekommen die Firmen für jede neue Stelle drei Jahre lang 50 Prozent der nachweislich bezahlten Lohnnebenkosten (Dienstgeberbeiträge) rückerstattet. Die Antragstellung ist ab 1. Juli 2017 möglich und muss vor Schaffung des ersten zu fördernden Jobs erfolgen. Die Förderung wird jährlich im Nachhinein ausbezahlt. Laut Regierungsangaben können sich Firmen pro Arbeitnehmer und pro Jahr rund 4000 Euro an Lohnnebenkosten ersparen.
2 Welche Personengruppen werden gefördert?
Gefördert werden Personen, die in Österreich arbeitslos gemeldet sind, Abgänger einer österreichischen Bildungseinrichtung (wie Schulen oder Hochschulen), bereits in Österreich beschäftigte Personen (Jobwechsler) und Beschäftigungsverhältnisse auf Basis einer Rot-Weiß-Rot-Karte. Mit der Maßnahme soll die Arbeitslosigkeit reduziert und der weitere Zuzug von osteuropäischen Arbeitskräften eingeschränkt werden. Denn in den vergangenen Jahren wurden viele neue Jobs, die in Österreich entstanden sind, an Personen aus Osteuropa vergeben. Tourismusbetriebe kritisieren den Bonus. So betonen Hoteliers in Tirol, dass sich für viele Stellen vorwiegend Osteuropäer bewerben.
3 Wie viel kostet das Programm und woher stammt das Geld?
Für den kommenden Finanzrahmen 2018 bis 2021 stellt die Regierung in Summe zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Die Mittel stammen aus dem Budget. Sobald die zwei Milliarden erreicht sind, endet die Förderung. Die Regierung hofft, dass damit 160.000 neue Stellen geschaffen werden.
4 Ist der Beschäftigungsbonus EU-konform?
Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Die Regierung versi- chert, dass alles EU-konform sei. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist der Ansicht, dass der Bonus „mit EU-Beihilfenrecht massiv kollidiert“. Sollte die EU den Bonus für ungültig erklären, muss Österreich das Geld von den Firmen wieder zurückfordern, was ein ziemliches Fiasko wäre. Franz Marhold, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, hält eine Einschränkung auf beim AMS gemeldete Personen für legitim. Denn 30 Prozent der in Österreich arbeitslos gemeldeten Personen seien ausländische Staatsbürger. Für sie gibt es die Förderung auch. Eine „mittelbare Diskriminierung“sieht Marhold aber bei Absolventen österreichischer Bildungseinrichtungen. Die EU-Kommission wollte sich am Dienstag nicht zur EU-Konformität äußern.
5 Wer ist für die Abwicklung der Förderung zuständig?
Abgewickelt wird die Förderung über die Austria Wirtschaftsservice und über die Hotel- und Tourismusbank. Betriebe, die dem Staat zugerechnet werden, bekommen keine Förderung. Um Missbrauch zu verhindern, sollen die Förderagenturen Stichprobenprüfungen durchführen. So werden beispielsweise Umgründungen, Verschiebungen in einem Konzern, Umwandlung von Leiharbeitsverhältnissen oder Ähnliches nicht gefördert. Nicht zulässig sind weiters Doppelförderungen (wie Förderungen für Start-ups).
6 Entsteht Firmen ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand?
Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung begrüßen den Bonus. Sie betonen aber, dass der Erfolg von einer einfachen Umsetzung abhänge. Konkret müssen Firmen die genaue Zahl der Beschäftigten zum Zeitpunkt der Antragstellung sowie zwölf Monate zuvor angeben. Für den Bonus ist ein geplanter Zuwachs von mindestens einem Vollzeitäquivalent darzustellen. Möglich sind auch mehrere Teilzeitjobs. Die Beschäftigungsdauer muss mindestens sechs Monate betragen.