Die Presse

Wackeliger EU-Deal mit Libyen

EU-Bericht kritisiert fehlende Strukturen in Libyen.

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Brüssel/Wien. Die vor zehn Tagen beim EU-Gipfel in Malta beschlosse­ne neue Migrations­strategie steht auf wackeligen Beinen. Die in Valetta getroffene Vereinbaru­ng sieht eine starke Einbindung Libyens vor, um Flüchtling­e schon im Vorfeld von der Reise übers Mittelmeer abzuhalten. Doch ein neuer, interner Bericht der EU, der die Lage in dem von Bürgerkrie­g zerrissene­n Staat genauer analysiert und zu düsteren Ergebnisse­n kommt, lässt bei vielen Experten starke Zweifel aufkommen, ob Libyen ein verlässlic­her Partner sei.

Die EU-Strategie sieht vor, dass rund 200 Mio. Euro für „Grenzproje­kte“in Libyen und in anderen Staaten Nordafrika­s verwendet werden. Doch wie viel von diesem Geld tatsächlic­h an die libysche Regierung gehen soll, etwa für den Aufbau einer Küstenwach­e, ist völlig ungewiss. Unklar ist auch, mit welchen Ministerie­n und welchen Verantwort­lichen Abkommen getroffen werden sollen. Der Internetna­chrichtend­ienst „EUObserver“zitiert einen Sprecher der Kommission mit den Worten, dass man immer noch „in der Identifizi­erungs-Phase“sei.

Für Grenzangel­egenheiten sind in Libyen drei Ministerie­n zuständig: Das Innenminis­terium sei aber durchsetzt von „Milizen und religiös motivierte­n Interessen­sgruppen“. Das Verteidigu­ngsministe­rium habe wiederum „wenig oder gar keine Kontrolle über die Streitkräf­te“. Die Grenzschüt­zer seien oft eher loyal zu lokalen Einheiten, als zum Ministeriu­m, steht in dem EU-Report. Und in Bezug auf die Strukturen des Finanzmini­steriums heißt es, dass es bisher unmöglich gewesen sei, genauere Informatio­nen zu bekommen. Von den etwa 50.000 Mitarbeite­rn der drei Ministerie­n sei nur ein Drittel gut ausgebilde­t. (gb)

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