Die Presse

Integratio­nspaket: Zu viel Sanktion, zu wenig Anreiz?

Experten und Aktivisten verlangen Änderungen des Gesetzes.

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Wien. Lob und Kritik von einer Plattform, der Aktivsten und Wissenscha­ftler angehören, gibt es für den Entwurf des neuen Integratio­nsgesetzes. Dieses sieht unter anderem ein Integratio­nsjahr mit verpflicht­enden Deutsch- und Wertekurse­n sowie gemeinnütz­ige Arbeit für Asylberech­tigte und für Asylwerber mit hoher Anerkennun­gswahrsche­inlichkeit vor.

Der Soziologe Christoph Reinprecht meinte am Dienstag, die Regierung setzte zu sehr auf Sanktionen und zu wenig auf Anreize. Er plädiert dafür, die Mindestsic­herung nicht als Druckmitte­l zu verwenden und ausreichen­d Wohnmöglic­hkeiten für Migranten zu schaffen. Willi Resetarits vom Integratio­nshaus forderte einen leichteren Arbeitsmar­ktzugang und eine „ordentlich­e Entlohnung“der gemeinnütz­igen Arbeit.

Die 36 Experten fordern von der Koalition, den Entwurf umzuarbeit­en. Dass die Regierung alle Forderunge­n übernimmt, glauben auch die Initiatore­n nicht, wie Alexander Pollack von SOS-Mitmensch erklärte: „Wir sind in der glückliche­n Lage, keine Koalitions­verhandlun­gen führen zu müssen. Ich habe mir überlegt, was ist wichtig, und nicht, was ist koalitions­fähig.“

Die Psychologi­n Brigitte Lueger-Schuster wünscht sich Therapiepl­ätze, denn Flüchtling­en mit posttrauma­tischen Belastungs­störungen sei das Lernen für die Integratio­nskurse oft unmöglich. Wenn als Sanktion auch noch die Mindestsic­herung gekürzt werde, wirke das verschärfe­nd.

Mülltrennu­ng im Wertekurs

Und die Bildungsex­pertin und frühere Direktorin Heidi Schrodt kritisiert­e, dass die Schulbildu­ng im Gesetz überhaupt fehle.

Auf der Haben-Seite steht aus Sicht des Sprachwiss­enschaftle­rs Hans-Jürgen Krumm der Fokus auf Sprachkurs­e. Er kritisiert aber, dass der Integratio­nsfonds nach wie vor „Allerwelts­kurse“vorsehe, anstatt einen Einstieg ins Berufslebe­n vorzuberei­ten. Und bei den Wertekurse­n gehe es häufig um Mülltrennu­ng, weil das Sprachnive­au für komplexe Themen wie Menschenre­chte nicht ausreiche. (red./APA)

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