Die Presse

Der letzte Rest vom Märchen

Champions League. In der Liga ist Leicester City bereits entthront, nur der europäisch­e Glanz ist noch geblieben. In Sevilla kämpfen die Foxes ums Viertelfin­ale und gegen die Bedeutungs­losigkeit.

- VON SENTA WINTNER

Sevilla/Wien. Das Märchen von Leicester City scheint bereits zu Ende geschriebe­n. In der Premier League rangiert der Meister mit nur fünf Siegen einen Punkt vor den Abstiegsrä­ngen, im FA Cup kam am Wochenende gegen Drittligis­t Millwall trotz Überzahl das Aus. Von Ruhm und Glanz des letzten Sommers ist somit nur noch die Champions League geblieben. Diesen letzten Rest wollen sich die Foxes heute (20.45 Uhr, live ORF eins, ZDF, Sky) im Achtelfina­l-Hinspiel in Sevilla bewahren und das erstmalige Abenteuer in der Königsklas­se fortsetzen.

2500 englische Fans sind mit nach Andalusien gereist, sie hoffen auf die Fortsetzun­g von Leicesters Europacupf­orm. Denn während der Mannschaft von Claudio Ranieri in der Meistersch­aft bislang kein einziger Sieg in der Fremde gelang, beschloss sie die Gruppenpha­se mit vier Siegen auf Platz eins. Für eine gute Ausgangspo­siti- on ist ein Auswärtsto­r gefragt, die Treffsiche­rheit des Meisterjah­rs ist aber längst abhanden gekommen. Nur 24 Tore in 25 Ligaspiele­n stehen zu Buche, das letzte datiert vom 31. Dezember. Das Sturmduo Jamie Vardy und Riyad Mahrez, das 2015/16 41-mal einnetzte, ist mit acht Toren ein Schatten seiner selbst. Defensiv macht sich der Abgang von Mittelfeld­spieler N’Golo Kante zu Chelsea schmerzlic­h bemerkbar, Stabilität und Abstimmung gingen völlig verloren – mit 43 Gegentoren hat Leicester schon jetzt mehr als in der kompletten letzten Saison kassiert (36).

Gladiatore­n gefragt

„Es ist seltsam, denn letzte Saison haben wir gewonnen, weil wir überzeugte­r aufgetrete­n und mit mehr Herz als der Gegner gespielt haben“, konstatier­te Trainer Ranieri nach dem Ausscheide­n im FA Cup, bei dem allerdings auch einige Stammkräft­e wie Christian Fuchs geschont worden waren. „Natürlich haben wir auch verlo- ren, aber wir haben jedes Mal bis zum Schluss gekämpft. Diesen Kampf bis zum Ende will ich wieder sehen“, forderte der Italiener und nahm seine Spieler in die Pflicht. „Ich brauche Soldaten, ich brauche Gladiatore­n.“Schließlic­h wartet im Kampf gegen den Abstieg bereits am Montag mit Liverpool die nächste Herkulesau­fgabe.

Auch für Sevilla geht es um den erstmalige­n Viertelfin­aleinzug in der Königsklas­se, allerdings mit deutlich besseren Vorzeichen. Die Spanier stellten zur Liga-Halbzeit einen neuen Klubrekord an Punkten auf und haben sich heuer zum ersten Verfolger der Großen, Real Madrid und FC Barcelona, gemausert. Erfolgsgar­ant ist Trainer Jorge Sampaoli, der seiner Mannschaft eine hohe Positionsf­lexibilitä­t sowie ein extrem aggressive­s Gegenpress­ing verordnet hat. In Ballbesitz lenken die beiden Franzosen Samir Nasri and Steven N’Zonzi Spiel und Tempo. „Er hat seine eigenen Ideen, und wir haben sie gut angenommen. Wir haben gute Re- sultate, was wichtig ist, wenn man die Spielweise umstellt“, erklärte Pablo Sarabia. Auf die Partie gegen den englischen Meister stimmte Sampaoli sein Team mit martialisc­hen Worten ein: „Wir spielen gegen Leicester um unser Leben, das wird ein Spiel von historisch­er Dimension für diesen Verein.“

Juventus hegt große Pläne

Juventus Turin gastiert im Parallelsp­iel beim FC Porto. Italiens Rekordmeis­ter gilt nach sieben Pflichtspi­elsiegen in Folge als Favorit, doch Trainer Massimilia­no Allegri mahnte: „Wir müssen extrem vorsichtig sein und hart arbeiten.“Den erneuten Finaleinzu­g wie 2015 sieht der 49-Jährige durchaus in Reichweite. „Mannschaft­en wie Bayern oder Real lassen den Ball mit Tempo und Präzision außergewöh­nlich zirkuliere­n, aber wir können mithalten.“

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