Der Sumpf, die Frösche und die Kassenreform
Der SozialversicherungsWildwuchs schreit nach rascher Strukturreform.
S ozialminister Alois Stöger ist also skeptisch, ob die „große, alles verändernde Reform“der Sozialversicherungen noch in dieser Legislaturperiode auf Schiene kommt. Da ist er Realist: Eine echte Strukturreform des aberwitzig zerfledderten Systems käme ja den derzeit größten Verhinderungsblöcken des Landes, den Sozialpartnern und den Ländern, in die Quere. Sie wird also, wenn sie echt in die Strukturen gehen sollte, verlässlich an einer dieser Betonwände zerschellen.
Dabei wäre die Sache ganz einfach: Die Regierung müsste nur aus der Pflichtversicherung eine Versicherungspflicht machen. Die Versicherten also selbst darüber entscheiden lassen, welchem Versicherungsträger sie ihre Beiträge abliefern. Der Markt wäre dann ganz schnell bereinigt. Ganz ohne teure Studie der London School of Economics und ganz ohne langwierige politische Verhandlungen.
Das ist natürlich völlig unrealistisch. Die 22 Sozialversicherungsträger stehen ja unter SozialpartnerSelbstverwaltung. Und wo kämen wir denn da hin, wenn Zwangsmitglieder auf diese Art strukturell etwas mitzureden hätten. A lternativ ginge natürlich auch noch die Zusammenlegung aller Sozialversicherungsträger zu einer oder, wenn man Unselbständige und Selbstständige trennen will, maximal zwei Sozialversicherungsgesellschaften. Ein Wildwuchs von 22 Zwangs-Versicherungsträgern mit unterschiedlichen Beitragssätzen und unterschiedlichen Leistungen ist in einem kleinen Land teurer Unsinn.
Die Reform sollte allerdings nach strikten Effizienzkriterien von außen durchgeführt werden. Es wäre nämlich ein bisschen viel verlangt, die zahlreichen Pöstcheninhaber im weitverzweigten System mit ihrer eigenen Abschaffung zu beauftragen. Man fragt ja auch nicht die Frösche, ob man den Sumpf trocken legen soll.
Und man muss beim Reformieren höllisch aufpassen: Die jüngst erhobene Forderung, aus 22 Sozialversicherungsträgern neun Landes-Sozialversicherungen zu machen, ist jedenfalls eine ziemlich gefährliche Drohung. Vom Regen in die Traufe ist kein sinnvolles Reformkonzept.