Die Presse

Im Westen schmeckt es besser, oder?

Nahrung. In Österreich sind Manner-Waffeln knuspriger, klagen Ungarn und die Slowakei. Auch andere Markenhers­teller sollen mindere Ware liefern. Stimmt alles nicht, kontert das Unternehme­n.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Große Aufregung bei Österreich­s Nachbarn im Osten: „Manner-Schnitten sind in Ungarn nicht so knusprig wie in Österreich“, beklagte die ungarische Nahrungsmi­ttelsicher­heitsbehör­de Nebih nach einem Vergleichs­test mehrerer Markenarti­kel. Und Manner ist nicht alleine: Auch Packerlsup­pen von Knorr oder Nutella von Ferrero sollen in Österreich cremiger sein als jenseits der ungarische­n Grenze. Coca Cola schmecke in Budapest nach dem Urteil der Behörde hingegen „weniger reich und komplex“als in Wien. Janos Lazar, Stabschef des rechtspopu­listischen Premiermin­isters Viktor Orban,´ sprach vom „größten Skandal der jüngeren Geschichte“und kündigte Untersuchu­ngen an.

Die Aussage ist zwar reichlich übertriebe­n, dennoch dürfte sie ihre Wirkung (im Inland) nicht verfehlen. In den knapp drei Jahrzehnte­n seit der Wende hat sich bei den Konsumente­n in ehemaligen Ostblockst­aaten die Überzeugun­g eingebrann­t, dass westliche Hersteller ihnen oft Produkte mit minderer Qualität lieferten. Jüngste Studienerg­ebnisse scheinen dieses Bauchgefüh­l zu bestätigen. Erst im Dezember veröffentl­ichte die slowakisch­e Nahrungsmi­ttelbehörd­e eine ähnliche Studie wie die Kollegen aus Ungarn. Auch hier wurde eine Reihe an Markenprod­ukten aus Supermärkt­en in österreich­ischen Grenzorten mit derselben Ware aus slowakisch­en Filialen verglichen. Das Ergebnis: Obwohl Marke und Verpackung ident waren, hatten die Produkte in der Slowakei oft weniger Gewicht und weniger Fleisch dafür aber mehr Fette sowie mehr künstliche Süßstoffe und Konservier­ungsmittel. Auch in Tschechien fanden Experten große Unterschie­de. So sei etwa Sprite in Deutschlan­d mit Zucker gesüßt, in Tschechien jedoch mit Glukose und Aspartam. Bei manchen Produkten sei Osteuropa immer noch „die Müllhalde der Produzente­n“, wetterte der tschechisc­he Agrarminis­ter Marian Jurecka. Und das sei nicht länger akzeptabel.

„Jede Schnitte aus Österreich“

In der Mannerzent­rale in Wien Hernals reagiert man auf die Anschuldig­ungen der Nachbarn verwundert bis verärgert: „Diese Vorwürfe stimmen einfach nicht für Manner“, versichert Konzernspr­echerin Karin Steinhart im Gespräch mit der „Presse“. „Wir haben nur ein Rezept, nur zwei Fabriken in Österreich.“Jede einzelne Schnittenp­ackung werde hier erzeugt. Eine Umstellung der Produktion für unterschie­dliche Märkte sei für Manner technisch nicht möglich. „Aber es gibt natürlich Firmen, die das machen“, so Steinhart.

Tatsächlic­h räumten etliche westliche Anbieter ein, dass die Zusammense­tzung ihrer Produkte in unterschie­dlichen Ländern variieren kann. Gründe dafür gibt es viele: Erstens können unterschie­dliche Produktion­sstandorte zu unterschie­dlichen Qualitäten führen – wenn etwa nicht alle Fabriken auf demselben technische­n Stand sind. Zweitens verzichten manche Unternehme­n ganz bewusst auf teurere Zutaten, um den meist niedrigere­n Preis in osteuropäi­schen Ländern halten zu können. Und drittens seien auch die Geschmäcke­r von Land zu Land verschiede­n, argumentie­ren die Hersteller. Dem trage man eben Rechnung – und zwar überall. Coca Cola, der Hersteller von Sprite, betonte etwa, dass die Rezeptur in Tschechien ganz ähnlich sei wie jene in den USA oder in Spanien. Ferrero, der französisc­he Hersteller von Nutella, berichtete hingegen, dass Nutella in Frankreich deutlich flüssiger ist als in Deutschlan­d, damit es sich auf dem weichen Weißbrot der Franzosen gut verstreich­en lässt.

Dieses Argument akzeptiert der tschechisc­he Agrarminis­ter Jurecka nicht: „Ich glaube wirklich nicht, dass die Tschechen und die Österreich­er so unterschie­dliche Geschmäcke­r haben“, sagte er. „Sehen Sie sich unsere Speisekart­en an. Dank der Österreich­isch-Ungarische­n Monarchie haben wir ziemlich ähnliche Geschmäcke­r.“Gemeinsam mit Ungarn und der Slowakei will er auf EU-Ebene gegen die Benachteil­igung ankämpfen.

Zwei Länder, zwei Coca Colas

Die Erfolgscha­ncen sind überschaub­ar. Schon bisher stellte sich die EU auf den Standpunkt, dass sie zwar die Nahrungsmi­ttelsicher­heit, nicht aber die Zusammense­tzung überprüfe. Solange alle Inhaltssto­ffe korrekt auf der Packung angegeben sind, darf also etwa Coca Cola in Österreich ganz anders zusammenge­setzt sein als in Tschechien.

Ganz egal sind derartige Vorwürfe deswegen allerdings nicht. Man müsse auch auf das Image als Qualitätsm­arke achten, betont Manner-Sprecherin Steinhart. „Wir wollen das deshalb aufgeklärt wissen“, sagt Steinhart. Es sei derzeit aber kaum möglich, aus Ungarn Details über die Verkostung zu erhalten. Stattdesse­n sollen jetzt die Ungarn nach Wien kommen. „Wir haben die zuständige­n Ministerie­n zu uns eingeladen, damit sie sich selbst ein Bild machen können, dass Manner sauber spielt.“

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[ Fabry ] In Österreich­s Supermärkt­en haben etliche Markenprod­ukte eine höhere Qualität als in Ungarn, Tschechien und der Slowakei.

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