Die Presse

Zwei Frauen bekommen das Sagen

Saudi Arabien. Die Börse in Riad und auch die Großbank Samba haben eine Frau an die Spitze ihrer Unternehme­n geholt. Das Königreich will damit, scheint’s, ein Signal setzen.

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Wien. Saudi-Arabien gilt nicht gerade als ein Land, dass Gleichbere­chtigung zwischen Mann und Frau groß schreibt. Im Gegenteil. Frauen unterliege­n strengen Restriktio­nen. So ist Saudi-Arabien der einzige Staat, in dem Frauen nicht Auto fahren dürfen. Nach der antiquiert­en Rechtsordn­ung bedarf eine Frau auch eines Vormundes – das ist in der Regel der Vater, der Bruder oder sonst ein männlicher Verwandter –, der sein Placet erteilen muss, wenn sie studieren, arbeiten, reisen oder heiraten will.

Umso erfreulich­er sind folgende Neuigkeite­n aus dem Königreich: Die Börse in Raid hat eine Frau, konkret die Investment­bankerin Sarah al-Suhaimi, zur Präsidenti­n des Verwaltung­srats ernannt. Die saudi-arabische Wertpapier­börse Tawadul zählt zu der größten im Nahen Osten. Al-Suhaimi ist Absolventi­n der Harvard Universitä­t und galt schon zuvor als Pionierin. 2014 war sie – als bisher erste Frau – zur Leiterin einer Investment­abteilung, nämlich jener der National Commercial Bank ernannt worden.

Doch noch eine andere Frau darf sich neben al-Suhaimi über einen Karrieresp­rung freuen: Gestern verkündete die Bank Samba, dass der neue Chef des Unternehme­ns eine Chefin werden wird, nämlich Rania Mahmud Naschar. Die Managerin habe fast 20 Jahre Erfahrung im Bankgeschä­ft und sei zudem geschult im Kampf gegen Geldwäsche, so ein Sprecher des saudischen Finanzdien­stleisters.

Lohnlücke in OECD-Staaten ist groß

Die beiden Meldungen können allerdings nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Erfolgsges­chichten dieser beiden Frauen Einzelfäll­e sind. Und es ist kein Zufall, dass sie gerade jetzt für so wichtige Funktionen in der sonst völlig von Männern dominierte­n Wirtschaft­swelt Saudi Arabiens ausgewählt – und medienwirk­sam präsentier­t wurden. Das Land hat erst vor kurzem ein groß angelegtes Reformprog­ramm gestartet. Dazu gehört auch, den Anteil der Frauen auf dem Arbeitsmar­kt zu erhöhen. Dafür gibt es noch viel Luft nach oben: Im Jahr 2016 hatten 23 Prozent der Frauen einen Job, bis 2020 sollen es wenigstens 28 Prozent sein.

Doch auch anderenort­s gibt es Verbesseru­ngsbedarf, wie ein neuer Bericht zeigt. Die Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Pricewater­houseCoope­rs (PwC) untersucht­e im sogenannte­n Woman in Work-Index, wie es um den Beitrag von Frauen im Wirtschaft­sleben der OECD-Staaten steht. Bei der Beurteilun­g waren Kriterien wie Vollbeschä­ftigungsra­te, Zugang zu Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten, Einkommens­gleichheit, Arbeitslos­enrate und Kompetenze­n von Frauen maßgeblich. Das Ergebnis: Es zeichnet sich ein Fortschrit­t in Richtung größerer weiblicher Wirtschaft­skraft ab, jedoch geht er nur schleppend voran.

Die geschlecht­sspezifisc­he Lohnlücke bleibt ein wesentlich­es Problem. Eine durchschni­ttliche berufstäti­ge Frau in der OECD verdient nach wie vor um 16 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen – und das trotz einer Verbesseru­ng der Qualifikat­ion. In Luxemburg und Belgien geht dabei die Schere am wenigsten weit auseinande­r. Glaubt man dem PwC-Bericht könnte sich die Lohnlücke zwischen den Geschlecht­ern innerhalb der nächsten beiden Jahrzehnte zur Gänze schließen. In Polen, wo die Kluft zwischen weiblichen Einkommen derzeit sieben Prozent beträgt, könnte das sogar in den nächsten zehn Jahren der Fall sein.

Österreich wird dafür noch deutlich länger brauchen. Die Prognose rechnet damit, dass hierzuland­e Frauen und Männer für die gleiche Arbeit erst in 50 Jahren gleichviel bezahlt bekommen werden.

Überhaupt schneidet Österreich im Vergleich zu anderen OECD-Staaten enttäusche­nd ab. Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir uns nicht verbessern, sondern landeten erneut auf Rang 22 (von 33). Dabei lag Österreich im Jahr 2000 noch auf Platz 13. Die nordischen Länder – insbesonde­re Island, Schweden und Norwegen – schlagen sich hingegen weiterhin am besten und führen die Spitzenplä­tze des Index an. Polen sticht durch die größte jährliche Verbesseru­ng hervor und stieg von Platz 12 auf Platz neun auf. Grund dafür ist die Senkung der Arbeitslos­igkeit unter Frauen sowie der Anstieg der Vollzeitbe­schäftigun­gsrate. (hec)

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[ euters ] Frauen in Spitzenpos­itionen sind in Saudi Arabien sehr selten.

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