Vernetzt mit der Hightech-Industrie
Der Vienna Airport hat sich zu einem wichtigen mitteleuropäischen Hub entwickelt. Damit das so bleibt, hoffen Flughafen und Logistiker, dass die dritte Piste doch gebaut wird.
Kängurus, die von Austria in die USA fliegen? Zumindest im vergangenen Dezember handelte es sich dabei nicht um eine Verwechslung von Austria mit Australien. Der Flug fand tatsächlich statt: Der Logistiker cargopartner transportierte fünf Rotnackenwallabys aus Tschechien über den Schwechater Flughafen in die USA. Die Fracht an sich war zwar ungewöhnlich, der Transport dagegen nicht: Der Airport hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen mitteleuropäischen Luftfracht-Hub entwickelt. Allein im Vorjahr stieg das Cargoaufkommen um rund vier Prozent auf 282.726 Tonnen. Für das heurige Jahr wird wieder ein Plus erwartet.
„Wir sind unter den europäischen Flughäfen an 14. Stelle“, sagt Julian Jäger, Vorstandsdirektor der Flughafen Wien AG. Acht Frachtfluglinien fliegen Wien an, viele global agierende Logistikdienstleister wie Fedex oder UPS haben eine Niederlassung am Flughafen. Ein wesentlicher Teil der 20.000 Beschäftigten in und um den Vienna Airport arbeitet im Frachtbereich. Die schnelle Verbindung in die ganze Welt aus der Nähe der Fertigungsanlagen sei ein wichtiges Asset für die produzierende Industrie in Österreich, betont Jäger. Der Flughafen profitiert aber auch von der Ostregion: Die Automobilund Elektronikindustrie in den Nachbarländern wird zu einem großen Teil über Wien mit Zulieferteilen versorgt. Und viele für die Region bestimmte hochwertige Konsumgüter vom TV-Gerät bis zum Handy aus Asien kommen über Schwechat nach Europa.
Ausbaupläne bleiben
„Wir sind sicher nicht die günstigsten Anbieter, aber wir haben eine hohe Qualität“, meint Jäger zum Vergleich mit den Wettbewerbern in Prag und Budapest. Diese erreichen gemeinsam ungefähr zwei Drittel des Wiener Frachtaufkommens. Gut ausgebaute Infrastruktur, hohe Sicherheitsstandards und ein verlässlicheres Netzwerk an Road-Feeder-Transporten von und zu osteuropäischen Städten bilden laut Jäger die Stärken des Flugha- fens. Er hofft natürlich auf eine Revision des Urteils gegen die dritte Piste, „sie ist wichtig für den Wirtschaftsstandort Wien“. Die für heuer vorgesehenen Ausbaupläne des Luftfrachtzentrums um ein Drittel seien vorerst nicht in Frage gestellt. Ebenfalls nicht begeistert vom vorläufigen „Nein“sind die Logistiker. „Die Folge wären Staus in der Luft“, sagt etwa Stefan Krauter, Chairman und CEO von cargopartner. „Darüber hinaus würde Luftfracht auf weiter entfernt liegende Flughäfen verlegt werden, was wieder mehr Lkw-Transporte zur Folge hätte.“
Der große Vorteil der Luftfracht gegenüber Lkw, Bahn und Schiff heißt Geschwindigkeit. Um die beim Transport in der Luft gewonnene Zeit nicht am Boden zu verlieren, arbeiten Logistiker, Zoll und andere Behörden am Airport an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr. Eine wichtige Rolle für den schnellen Ablauf spielen Datennetze. Der Flughafen bietet allen Partnern der Transportkette Datenaustausch mittels Wlan, Barcoding und Edifact. Für die Logistikunternehmen sind schnelle Datenflüsse ein Muss, wie Stefan Krauter betont: „Die elektronische Dokumentenverwaltung hat bei
spielt punkto Luftfracht eine führende Rolle in Zentraleuropa. Im Vorjahr stieg das Cargoaufkommen um circa vier Prozent auf 282.726 Tonnen. Rund die Hälfte des Frachtaufkommens wird mit Passagiermaschinen bewältigt, vor allem auf Langstecken. Die Weichen sind auf Ausbau gestellt: Das Luftfrachtzentrum soll heuer um ein Drittel erweitert werden. uns einen sehr hohen Stellenwert.“Einmal am Aufgabeort in das System eingegeben, stehen alle Daten im Empfängerland für Abfertigung und Verzollung zur Verfügung und umgekehrt. Kühne + Nagel setzt auf seine E-Commerce-Lösung KN FreightNet, „eine integrierte WebApplikation für Preisanfragen, Buchungen und Sendungsverfolgungen“, erläutert Patrick Mair, Luftfrachtleiter des Logistikers in Österreich. Zur Optimierung der Abläufe in der globalen Logistikkette tragen eigene Kundenlösungen bei. Kühne + Nagel etwa ist über einen eigenen Control Tower direkt mit einem Kunden aus der Hightechindustrie vernetzt. „Auf diese Weise können wir eine automatische Produktionsversorgung sichern“, berichtet Mair. Der japanische Werkzeughersteller Makita hat sich unmittelbar neben dem Flughafen und seinem Logistiker cargo-partner angesiedelt. Makita kann durch diese Nähe zum Distributionspunkt „seinen speziellen Bedarf schneller und besser abdecken und die Abläufe verbessern“, erläutert Krauter die Kooperation.
Pharma-Umschlag
Für spezielle Produkte wie Medikamente finden sich im Frachtbereich des Flughafens auch spezielle Lösungen. So verfügt cargo-partner in Schwechat über ein eigenes Pharma-Lager, wo ein temperaturkontrollierter Umschlag stattfindet: „Hier ist genug Platz zum Aufund Abbau von Containern“, so Krauter. Kühne + Nagel verweist ebenfalls auf spezialisierten Lösungen für die Pharma- und Healthcare-Industrie und die weltweite IATA CEIV Pharma-Zertifizierung für sein Pharma Chain Netzwerk. Wichtig ist der Warentransport in der Luft auch für den Passagierverkehr. Luftfracht wird je zur Hälfte in eigenen Frachtmaschinen und in Passagierflugzeugen transportiert. Die mit Waren gefüllten Frachtcontainer im Bauch des Fliegers tragen vor allem im Langstreckenverkehr nicht unwesentlich zur Rentabilität des Linienflugs bei, betont Flughafenvorstand Jäger. „Und gute Langstreckenverbindungen sind ebenfalls ein wesentlicher Beitrag zur Attraktivität des Standortes Wien.“