Berufspraxis zwischen Bachelor und Master?
Karriereplanung. Von der Schule bis zum Master durchstarten, oder einen Zwischenstopp einlegen um in der Berufswelt Erfahrung zu sammeln? Welche Strategie die bessere ist, hängt von einigen Faktoren ab.
Erst der Bachelor, dann der Master, dann der Berufseinstieg. So ist der Bildungsweg abgeschlossen und man kann sich voll auf den ersten Job konzentrieren. Oder doch anders? Nach dem Bachelor Berufserfahrung sammeln, ein wenig Geld verdienen und den Master bei Gelegenheit nachholen, ist eine Alternativem die nicht zuletzt durch das Bologna-System maßgeblich unterstützt werden sollte. Schließlich gilt es keine Zeit zu verlieren und den Eintritt in den umkämpften Arbeitsmarkt so früh wie möglich zu schaffen. Eine schwierige Entscheidung für Studierende - und eine Fragestellung, an die aus Sicht von Personalberatern individuell und differenziert herangegangen werden sollte.
Praxis als Orientierungshilfe
„Es ist meist weniger ausschlaggebend, ob erste Berufspraxis studienbegleitend oder zwischen einem Bachelor- und Masterstudium erfolgt, wichtig und absolut empfehlenswert ist prinzipiell eine erste Berufserfahrung bis zum Studienende, um sich von den vielen anderen Absolventen abzugrenzen“, sagt Brigitte Fegerl, Senior Consultant bei ISG Personalmanagement. Es spreche auch nichts dagegen, vor dem Beginn des Masterstudiums ein wenig Berufserfahrung zu sammeln, allerdings kann es bei bestimmten Studienfächern mit Bachelorabschluss alleine schwieriger sein, einen Einstieg zu finden. Ausgeschriebene Praktika richten sich zumeist an noch inskribierte Studenten. „Besonders vorteilhaft ist es, wenn sich die praktischen Erfahrungen mit dem Studium ergänzen.
Generell hilft Berufserfahrung den Studenten, sich zu orientieren und herauszufinden, welche Aufgaben ihnen liegen“, so Fegerl. „Orientierung ist sicher ein wichtiger Punkt“, meint auch Ingrid Hödl, Gründerin der Personalberatung Hödl Consulting mit Schwerpunkt Recruiting. „Oft ist man sich nach dem Bachelor noch nicht wirklich sicher, ob der Weg genau passt. Der Schritt in die Praxis kann die entscheidenden Hinweise liefern, wohin es gehen soll. Das erlaubt, einen Master zu wählen, der jene berufliche Aspekte vertieft, die wirklich den eigenen Interessen entsprechen. Außerdem sollen die Spezialisierungen zu dem begonnenen Job passen.“Wer sich aber frühzeitig sicher sei, könne den Master natürlich auch gleich nach dem Bachelor anschließen.
„Im Grunde geht es um eine sehr persönliche Entscheidung, die jeder von seiner Lebenssituation abhängig machen muss. Allgemeine Empfehlungen abzugeben, fällt schwer“, sagt Florens Eblinger, Geschäftsführer des Personalberaters und -entwicklers Eblinger & Partner. Fest steht laut Eblinger die Bedeutung, die Unternehmen der Berufspraxis beimessen: „Drei Jahre Erfahrung werden gerne gesehen. Und wer keinerlei Praxis vorweisen kann, hat eventuell selbst bei guten Auftreten und Skills Schwierigkeiten, sich gegen vergleichbar qualifizierte Kandidaten durchzusetzen.“
Der Option, nach dem Bachelor den Master berufsbegleitend zu absolvieren, steht Eblinger gespalten gegenüber: „Es gibt immer mehr Studienangebote in diese Richtung. Grundsätzlich ist es eine gute Idee und geblockte Lehrveranstaltungen sowie Prüfungen am Wochenende sollten sich neben dem Beruf ausgehen.“Schwer werde es hingegen, wenn es an die wissenschaftliche Arbeit geht, die einen Studienfokus über einen längeren Zeitraum hinweg verlangt.
„Einen Master neben einem Vollzeitjob, das schaffen nur jene, die wirklich hart im Nehmen sind“, bestätigt Hödl. Das braucht neben einer perfekten Organisation des Alltags und einem verständnisvollen privaten Umfeld auch die Unterstützung des Arbeitgebers. Gefragt sind flexible Unternehmen, die bereit sind, mit dem studierenden Mitarbeiter mitzuleben.
Nicht begeistert sind viele Unternehmen laut Hödl hingegen, wenn der Kandidat in einem Vorstellungsgespräch zu erkennen gibt, dass er später einen Master anschließen will. „Davon rate ich dringend ab. Erstens weil ein Jobwechsel und ein Studium zu viel des Guten sein können und zweitens weil Unternehmen skeptisch reagieren. Da geht die Angst um, dass der Mitarbeiter nach der Höherqualifizierung mit einem Jobwechsel spekuliert.“Von der Skepsis der Unternehmen berichtet auch Fegerl: „In Bewerbungsgesprächen wird oft hinterfragt, ob ein Masterstudium geplant ist und wenn ja, ab wann und wie sich das mit der Arbeit vereinbaren lässt. Das muss mit dem Arbeitgeber genau abgesprochen werden.“
Frage des Studienfachs
Die Frage nach dem direkt angehängten oder später nachgeholten Master beantwortet sich laut Personalberatern auch in Abhängigkeit der gewählten Studienfächer. „Es macht durchaus einen Unterschied, ob man zum Beispiel ein technisches oder sprachwissenschaftliches Studium absolviert“, so Fegerl. Absolventen von technischen Studienfächern, ja sogar bereits HTL Absolventen, würden meist von Recruitern direkt angesprochen werden, weil der Bedarf an technischem Knowhow hoch ist. Da sei weitere Berufspraxis eher ein Bonus, aber kein Muss. Eben spielt die die Wahl der Hochschulinstitution eine Rolle. „Fachhochschul-Studien sind praxisorientierter, weshalb es für Uniabsolvenen empfehlenswert ist, selbst praktische Erfahrungen zu sammeln“, meint Fegerl. Da Fachhochschulen Kooperationspartner haben und es ihren Studenten erleichtern, eine Praktikumsstelle zu bekommen, sei es umso positiver, wenn Uniabsolventen selbstständig Praktikas absolvieren – die mit dem angestrebten Job korrelieren sollten. „Flapsig gesagt: Ein Sommerjob im Eisgeschäft gibt für einen angehenden Akademiker nicht viel her. Es sollte schon beispielsweise ein Bankinstitut oder ein möglichst namhaftes Industrieunternehmen sein, um zu demonstrieren, dass man karrierebewusst handelt“, sagt Florens Eblinger. Ob FH- oder Uniabsolvent sei weniger relevant. „Es mag sein, dass es da in Unternehmen mit der einen oder anderen Präferenz gibt. Für uns allerdings zählt ein abgeschlossenes Studium.“
Experimentieren erlaubt
Wer sich zu den Gretchenfragen rund um Bachelor, Master und Berufspraxis eine eindeutige Antwort erwartet, wird enttäuscht. Tendenzielle Aussagen sind laut Fegerl dennoch möglich: „Prinzipiell kann man sagen: Je mehr Berufserfahrung man bereits neben dem Studium sammeln konnte, desto besser. Sollte dadurch das Studium länger dauern, kann man dies sehr gut mit der gewonnenen Berufserfahrung argumentieren.“Es sei natürlich auch im Interesse der Person selbst, ob sie verschiedene Aufgaben ausprobieren möchte. Während des Studiums ist das „Experimentieren“erlaubt und Wechsel werden nicht so kritisch hinterfragt.