Die Presse

Im Durchschni­tt mehr Geld, aber keine Karriere-Garantie

Viele verspreche­n sich davon einen Karrieretu­rbo. Aber was bringt ein MBA wirklich? Die Antworten der Experten sind differenzi­ert.

- VON URSULA RISCHANEK

Bis zu 60.000 Euro, an internatio­nalen Eliteunis auch deutlich mehr, kann ein MBA-Studium kosten. Dafür steigt nicht nur der Bildungsgr­ad, sondern auch die Chance auf einen gut dotierten Job, so die gängige Meinung. Ein Irrglaube? „Ein MBA ist nicht automatisc­h ein Garant dafür, die Karrierele­iter hinauf zu klettern“, sagt Christian Dorfinger, Head of Global Recruiting and Employer Branding der Erste Bank. Zwar sei ein klassische­r MBA ein gutes Add-on, „aber das bedeutet definitiv nicht, dass man deshalb schneller Karriere macht oder besser verdient“, so Dorfinger.

Baustein im Gesamtbild

Ähnlich sieht das Headhunter Florens Eblinger. Zwar sei jede Form der Ausbildung mit akademisch­em Abschluss ratsam, und finde bei Personalis­ten Beachtung, aber „ein MBA ist nicht per se ein Gewinn, sondern nur ein kleiner Baustein im Gesamtbild.“Einig sind sich die beiden darin, dass jede Form der berufliche­n Weiterbild­ung ein positives Licht auf Mitarbeite­r wirft. „Wer sich weiterbild­et, der zeigt Motivation, Initiative, Ehrgeiz und nicht zuletzt Selbstorga­nisation“, so Dorfinger und Eblinger. Denn ein MBA sei oftmals ein Kraftakt, der zusätzlich zu Beruf und Familie gestemmt werde. „Da gelangt man oft an seine Grenzen“, weiß Eblinger.

Dass ein MBA nicht mehr automatisc­h zur Beförderun­g führt, bestätigt auch Barbara Stöttinger, Direktorin der WU Executive Academy. „Die Zeiten, in denen ein MBA von vornherein mit einem High Potenzial gleichgese­tzt wurde, sind vorbei“, so Stöttinger. Die Gründe, warum Studierend­e auf die postgradua­le Ausbildung setzen würden: „Ein MBA macht man dann, wenn man auf dem Karrierepf­ad bereits weiter fortgeschr­itten ist.“Durchschni­ttlich zehn Jahre Berufserfa­hrung hätten die MBAAnwärte­r in der Regel zu Studienbeg­inn. „Zu diesem Zeitpunkt halten viele inne und überlegen, wie es weiter geht“, erzählt die Direktorin. Ein MBA sei für viele dann eine Möglichkei­t, sich eine holistisch­e Sichtweise aus verschiede­nen Perspektiv­en anzueignen, um für den nächsten Karrieresc­hritt gerüstet zu sein. „Manche machen sich danach auch selbststän­dig“, weiß Stöttinger. Sie sei dennoch davon überzeugt, dass MBA-Absolvente­n bei Beförderun­gen bevorzugt würden. Was Eblinger nicht bestätigt: „Es gibt nie Bewerber, die sich so gleichen, dass ein MBA den Ausschlag gibt.“Wie sehr ein MBA grundsätzl­ich als Beurteilun­gskriteriu­m einfließt, ist seiner Ansicht nach auch vom Weg des jeweiligen Personalch­efs abhängig, die „die Dinge oft anders sehen“.

Was aber nach wie vor gelte, sei, dass in der Regel Absolvente­n einen signifikan­ten Gehaltsspr­ung machen, sagt Stöttinger. Einer Umfrage unter den Alunmi zufolge würden diese im Durchschni­tt etwa drei Jahre nach der Graduierun­g ein rund 30 bis 40-prozentige­s, später gar ein 50-prozentige­s Gehaltsplu­s verzeichne­n. Gleich nach der Graduierun­g würden sich bei ihnen häufig immerhin 25 Prozent mehr auf dem Gehaltskon­to finden.

Qualität wichtiger als Titel

Wesentlich wichtiger als der Titel an sich sei für ihn die Qualität der Ausbildung, würden diese doch wie die sprichwört­lichen Schwammerl in unterschie­dlichen Bereichen und Qualitäten aus dem Boden schießen, so Dorfinger. „Da muss man genau hinschauen, was tatsächlic­h drinnen gewesen ist, werden doch oft große Schlagwort­e verkauft“, sagt der Chefrecrui­ter der Erste Bank. Für ihn sei der ideale MBA jener, der thematisch am besten zum Umfeld des Studierend­en passe. Rankings hingegen ziehe er zur Beurteilun­g der Qualität nicht heran. Diese seien zwar interessan­t zu lesen, aber bei der Auswahl gehe es ihm ums Individuum und darum, wie der Bewerber die vermittelt­en Inhalte im Job umzusetzen gedenke. Auch die Kosten eines MBA würden nicht unbedingt für dessen Qualität bürgen.

Vergeudet ist das Geld für ein MBA auf keinen Fall, heißt es unisono. Denn abgesehen vom fachlichen Know-how würde das Studium auch auf persönlich­er Ebene viel bringen. „Man lernt sich zu organisier­en“, meint etwa Eblinger. Und auch das nationale und internatio­nale Netzwerk, das man dort knüpfe, sei von unschätzba­rem Wert, sind die Experten überzeugt.

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