Die Presse

Hasspostin­g: FPÖ-Klub haftet als „Host-Provider“

Facebook. Wer für Dritte Inhalte speichert, unterliegt laut OGH dem E-Commerce-Gesetz.

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Erst kürzlich blitzte FPÖChef Heinz-Christian Strache beim OGH mit einer Klage wegen eines grenzwerti­g formuliert­en Facebook-Postings ab („Die Presse“berichtete). Nun musste in einem Fall mit umgekehrte­n Vorzeichen der FPÖ-Parlaments­klub eine Niederlage beim Höchstgeri­cht einstecken. Auf der „blauen“Facebook-Seite war am 25. Juli 2016 ein Beitrag über den Sprengstof­fanschlag von Ansbach in Bayern erschienen, den ein Facebook-Nutzer am Tag darauf mit folgenden Worten kommentier­te: „Was meint der enthirnte grüne Psychopath Walser dazu???“

Gemeint war der Abgeordnet­e Harald Walser, jedes FacebookMi­tglied konnte den diffamiere­nden Kommentar lesen. Der FPÖKlub wurde – so die gerichtlic­hen Feststellu­ngen – am 19. August darauf hingewiese­n, er habe das Posting aber erst neun Tage später gelöscht. Und damit zu spät, bestätigte der OGH (6Ob244/16z). Er wertete es als Verstoß gegen das E-Commerce-Gesetz.

Hinter die Ohren schreiben müssen sich das alle, die auf ihrer Facebook-Seite anderen Nutzern die Möglichkei­t geben, Inhalte zu veröffentl­ichen: Denn wer das tut, gilt laut dem Urteil als Host-Provider – und zwar unabhängig davon, ob man ein Entgelt dafür verlangt oder nicht. Man ist dann ein „Diensteanb­ieter“im Sinne des E-Commerce-Gesetzes. Als solcher haftet man zwar grundsätzl­ich nicht für Informatio­nen, die ein Nutzer eingegeben hat und die man in dessen Auftrag speichert – aber nur, solange man von einer Rechtswidr­igkeit keine Kenntnis hat und sich „in Bezug auf Schadeners­atzansprüc­he auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidr­ige Tätigkeit oder Informatio­n offensicht­lich wird“.

„Fähigkeite­n eines Laien“

Sobald man aber davon erfährt, muss man unverzügli­ch die Inhalte entfernen oder den Zugang dazu sperren. Man muss also sofort handeln. Auch Unternehme­n und selbst Privatpers­onen riskieren viel, wenn sie in einem solchen Fall zu lange zögern.

Dass der diffamiere­nde Inhalt nicht vom Seitenbetr­eiber stammte, stand außer Streit, auch, dass dieser ihn nicht provoziert hatte. Dass ihm jedoch die Rechtswidr­igkeit bewusst war, habe das Rekursgeri­cht „in vertretbar­er Weise bejaht“, entschied der OGH. Zwar sei dabei auf die Fähigkeite­n eines juristisch­en Laien abzustelle­n – hier die Rechtswidr­igkeit zu erkennen, mutet das Höchstgeri­cht aber sichtlich auch einem Laien zu. Bei der Äußerung in dem Posting habe es sich um ein „beleidigen­des Werturteil ohne jegliches Tatsachens­ubstrat“und ohne Zusammenha­ng mit dem Beitrag über den Sprengstof­fanschlag gehandelt. Sie gehe somit über das hinaus, was in der politische­n Debatte zu tolerieren sei. Zudem komme es auch auf die Wortwahl und die Diffamieru­ngsabsicht an.

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[ Schlager/picturedes­k.com ] Harald Walser wehrte sich gegen ein diffamiere­ndes Posting und bekam Recht.

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