Frauen: 27 Jahre Bohren einer Stahlplatte
Regierung. Seit 1990 hat Österreich ein Frauenressort – aber nicht immer als eigenständiges Ministerium. Drei Jahre lang waren die Agenden in Männerhand. Heute arbeiten 48 Personen in dem Ressort – mit einem Budget von 10 Millionen Euro.
Wien. Ein Frauenministerium. Braucht es das überhaupt? Und falls, ja – wie lange noch? Johanna Dohnal, erste Frauenministerin Österreichs, beantwortete diese Frage 1995 in der „Presse“folgendermaßen: „Solange es ein Finanzministerium gibt. Außer wir schaffen das Geld ab.“Bei Frauenproblemen gehe es darum: Wie kommen Frauen trotz Kindern zu einer „eigenständigen Existenzsicherung“? Und was ist Frauenpolitik heutzutage? Die verstorbene Frauenministerin, Sabine Oberhauser, formulierte es vor exakt einem Jahr so: „Nicht viel anderes als das, was Johanna Dohnal gemacht hat: das Bohren harter Bretter. Man sagt das über die Politik allgemein, aber bei Frauenpolitik kommt noch eine Stahlplatte hinzu.“
Gebohrt wird, um bei dieser Metapher zu bleiben, demnach seit 27 Jahren. Zumindest in einem eigenen Ressort: 1990 wurde Dohnal zur ersten Frauenministerin angelobt. Der Grundstein dafür wurde 1979 gelegt: Im Kabinett von Bruno Kreisky wurden bei einer Umbildung vier neue Staatssekretär-Posten vergeben. Alle vier gingen an eine Frau. Dohnal erhielt damals schon die Agenden für „Frauen- und Familienfragen.“Mehr als zehn Jahre dauerte es, bis daraus ein Ministerium wurde – unter Franz Vranitzky. 1995 wurde sie von Parteikollegin Helga Konrad abgelöst.
Budget großteils verplant
Ein eigenständiges Frauenministerium gibt es derzeit nicht mehr. Selbst wenn es sich einige wünschen würden – allen voran viele SPÖ-Frauen selbst. Auch nach dem Tod von Oberhauser wird die Ressortverteilung nicht verändert. Unter Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner (siehe Seite 7) werden die Agenden für Gesundheit und Frauen weiterhin in einem Haus bleiben. Im Sommer 2016 wurden sie zusammengeführt. Das Frauenministerium ist demnach eine von vier Sektionen im Ministerium für Gesundheit und Frauen. 48 Personen – davon drei Männern – arbeiten in dem Team.
Das Budget hat sich seit 2011, als noch Gabriele Heinisch-Hosek Ressortchefin war, nicht großartig verändert: Jährlich stehen dem Ressort rund zehn Millionen Euro zu. Wobei der Großteil davon bereits fix zugeteilt ist: 60 Prozent entfallen laut einem Sprecher auf Förderungen – vor allem für das Beratungsangebot für Frauen und Mäd- chen. 38,5 Prozent sind für die Ko-Finanzierung von Gewaltschutzstellen und Interventionsstellen vorgesehen. Dem Ressort bleiben also nur 1,5 Prozent oder rund 150.000 Euro für sonstige Maßnahmen. Vergangenes Jahr wurde im Frauenministerium bereits vorgerechnet: Insgesamt sind es nur 2,3 Euro pro österreichische Frau und pro Jahr.
Als wichtigste Maßnahmen der vergangenen Jahre sieht man im Ministerium die Einführung des Tatbestands „sexuelle Belästigung“, die Einführung eines Papamonats (allerdings ohne Rechtsanspruch) und die Verbesserung der Rechtsstellung der Lebensgefährtin in der Erbrechtsnovelle. Im neuen Regierungspakt ist außerdem eine Frauenquote für Aufsichtsräte von Großunternehmen vorgesehen.
Längstdienende Ministerin
So lange die SPÖ in der Regierung war, stellt sie auch die Frauenministerin: Nach Dohnal und Konrad folgte die spätere Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Ein eigenständiges Ministerium für das Ressort erhielten auch Doris Bures (allerdings nur für wenige Monate, ehe sie Bundesgeschäftsführerin wurde) und Heidrun Silhavy (ebenso für kurze Zeit, bis zur Nationalratswahl 2008). Und dann Heinisch-Hosek.
Die jetzige Chefin der SPÖ-Frauen legte die bisher längste Amtszeit als Frauenministerin hin. Bis 2013 blieb sie im Kanzleramt mit den Agenden angesiedelt. Beim Wechsel ins Unterrichtsministerium nahm sie die Frauensachen mit – bis sie mit der Angelobung von Kanzler Christian Kern ihren Posten in der Regierung verlor und Oberhauser beziehungsweise Sonja Hammerschmid (Bildung) übernahmen.
Die ÖVP stellte erst einmal die Frauenministerin – auch in Kombination mit dem Gesundheitsressort: Maria Rauch-Kallat hatte das Amt von 2003 bis 2007 inne. Vor der Nationalratswahl 2013 forderte die Volkspartei, das Ministerium wieder zu bekommen. Diese Aufgabe könne sowohl von einem Mann als auch von einer Frau wahrgenommen werden, meinte die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Am Ende erhielt die ÖVP ein Familienministerium.
Einen Mann als Frauenminister wäre jedenfalls keine Premiere: Der Freiheitliche Herbert Haupt hatte den Job schon, und zwar von 2000 bis 2003.