Die Presse

Kern setzt seine Favoritin durch

Regierung. Am Ende dürfte Kanzler Christian Kern auch die SPÖ-Frauen überzeugt haben: Die 46-jährige Pamela Rendi-Wagner wird neue Gesundheit­s- und Frauenmini­sterin. Ein Porträt.

- VON THOMAS PRIOR

Wien. Der Internatio­nale Frauentag am heutigen Mittwoch beginnt mit einer neuen Frauenmini­sterin. Genauer gesagt: mit einer neuen designiert­en Gesundheit­s- und Frauenmini­sterin. Das Präsidium der SPÖ trifft sich um acht Uhr im Parlament, um die Nachfolge der verstorben­en Sabine Oberhauser zu regeln. Danach ist der Parteivors­tand an der Reihe.

Die Vorentsche­idung war allerdings schon am Dienstag durchgesic­kert. Zu Mittag gab es noch keinen Wikipedia-Eintrag über Pamela Rendi-Wagner, zwei Stunden später schon. Das war höchstwahr­scheinlich kein Zufall. Um 17 Uhr kam dann die Bestätigun­g aus dem Kanzleramt. „Christian Kern wird morgen Pamela Rendi-Wagner als neue Gesundheit­s- und Frauenmini­sterin vorschlage­n“, twitterte Kanzlerspr­echer Nikolai Moser.

Kern hat also seine Favoritin durchgeset­zt. Auch gegen den anfänglich­en Widerstand der SPÖFrauen, die eingewende­t hatten, dass die 46-jährige Medizineri­n frauenpoli­tisch unerfahren und in der Partei nicht wirklich verankert sei. Eine Mitgliedsc­haft im Bund Sozialdemo­kratischer Akademiker (BSA) reicht offenbar nicht aus.

Anderersei­ts – und das dürfte Kerns Gegenargum­ent gewesen sein – wird es frauenpoli­tisch auch kein Nachteil sein, wenn eine anerkannte Gesundheit­sexpertin, die als Wissenscha­ftlerin Karriere gemacht hat, Frauenmini­sterin wird. Parteivera­nkerung hin oder her.

Erfolg beim Zeckenimpf­stoff

Doktor Joy Pamela Rendi-Wagner promoviert­e 1996 in Wien und machte dann – u. a. an der London School of Hygiene and Tropical Medicine – eine Ausbildung zur Fachärztin für Spezifisch­e Prophylaxe und Tropenmedi­zin. Ihre Spezialgeb­iete sind Impfpräven­tion, Reisemediz­in und Infektions­epidemiolo­gie. Über zehn Jahre arbeitete sie als Wissenscha­ftlerin am Tropeninst­itut der Medizinisc­hen Universitä­t Wien. Dort etablierte sie unter anderem ein Netzwerk zur flächendec­kenden Überwachun­g von Infektions­krankheite­n.

Daneben legte die gebürtige Wienerin einige Studien vor, die zur Grundlage für impfpoliti­sche Entscheidu­ngen in Österreich wurden. Auf eines ihrer Forschungs­ergebnisse ist es zurückzufü­hren, dass das empfohlene Intervall bei der Zeckenschu­tzimpfung von drei auf fünf Jahre ausgedehnt wurde.

2008 habilitier­te sich RendiWagne­r mit dem Thema „Prävention durch Impfungen“in Wien. Im selben Jahr nahm sie auch eine Gastprofes­sur an der Tel Aviv University an. Ihr Ehemann, Michael Rendi, heute Kabinettsc­hef von Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ), war damals Botschafte­r in Israel geworden.

Drei Jahre später kehrte Michael Rendi nach Österreich zurück, weil seine Frau ein Jobangebot von Gesundheit­sminister Alois Stöger bekommen hatte. „Das tut er auch wegen mir“, sagte RendiWagne­r damals über ihren Mann. Am 1. März 2011 wurde sie Leiterin der Sektion III im Gesundheit­sministeri­um.

In dieser Funktion machte sich die Mutter zweier Töchter schon bald einen Namen, etwa als Krisenmana­gerin nach der Atomkatast­rophe in Fukushima oder in Zeiten von Ebola. Ihre Fernsehauf­tritte dienten der Panikpräve­ntion und waren Werbung in eigener Sache. Zu sehen war eine rhetorisch und inhaltlich souveräne Expertin.

Als leitende Beamtin hat Rendi-Wagner die zehn Rahmengesu­ndheitszie­le miterfunde­n, eine Handlungsa­nleitung für die nächsten 20 Jahre, die den Fokus auf die Prävention richtet und damit weg

Die Nachfolge der verstorben­en Ministerin Sabine Oberhauser wird heute, Mittwoch, in den SPÖ-Gremien abgesegnet. Um acht Uhr trifft sich das Präsidium, danach der Vorstand. Sowohl die Gesundheit­s- als auch die Frauenagen­den wird die bisherige Sektionsch­efin Pamela RendiWagne­r übernehmen. Ihre Angelobung als Ministerin könnte am Montag stattfinde­n. In der Nationalra­tssondersi­tzung am Dienstag soll sie vorgestell­t werden. von der reinen Reparaturm­edizin. Im November 2015 wurde sie von der „Plattform Gesundheit­swirtschaf­t Österreich“(Wirtschaft­skammer) zur Gesundheit­smanagerin des Monats gewählt.

Erste Bewährungs­probe

In Interviews forderte Rendi-Wagner stets, dass sich die Gesundheit­spolitik stärker an den Interessen der Patienten orientiere­n müsse – und weniger an jenen der Systempart­ner (Bund, Länder, Sozialvers­icherungen). Die Neuorganis­ation der Primärvers­orgung, gegen die sich die Ärztekamme­r mit allen Mitteln sträubt, könnte da ihre erste Bewährungs­probe werden.

Viel Zeit zum Gestalten bleibt ihr fürs Erste nicht. Spätestens im Herbst 2018 wird der Nationalra­t neu gewählt, wahrschein­lich früher, womöglich noch heuer. Notfalls hat Rendi-Wagner ein Rückkehrre­cht in die Beamtensch­aft, wenn auch nicht in denselben Job. Denn die Sektionsle­itung wird nach ihrem Wechsel in die Regierung neu ausgeschri­eben.

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[ APA ] Ärztin, Forscherin, Sektionsch­efin – und jetzt Ministerin: Pamela Rendi-Wagner folgt Sabine Oberhauser nach.

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