Die Illegalen in der Ankerbrotfabrik
Wohnen. 30 Parteien leben auf dem ehemaligen Fabriksgelände – obwohl sie das so nicht dürften. Eine Bürgerinitiative kämpft nun dafür, diesen Zustand zu legalisieren. Die Stadt legt sich quer.
Wien. Was in der Ankerbrotfabrik in Favoriten vor sich geht, ist nicht ganz legal. Auf dem Areal mit Industriewidmung wohnen rund 30 Parteien – was sie in dieser Form nicht dürften.
Aber von vorn: Die ehemalige Fabrik wurde in den vergangenen Jahren zu einem Kulturareal mit Galerien, Ausstellungen und Veranstaltungen umgebaut. Ein Teil wurde zu Lofts, die an Kreative, Künstler und Architekten verkauft wurden. Wohnen ist dort allerdings nur erlaubt, solange es sich um eine Dienstwohnung handelt, die kein dauerhaftes Wohnen zulässt. Viele zogen aber gleich mit ihren Familien ein. Der Grund: Es wurde sowohl in den Kaufverträgen als auch mündlich zugesagt, dass eine Widmungsänderung anstehe – und zwar in Wohnfläche. Unterstützt wurde dieses Versprechen von einer Studie der Stadt, die eine gemischte Nutzung empfahl. „Wir haben alle damit gerechnet, dass hier eine Wohnwidmung kommen soll“, sagt Architekt Georg Schönfeld, der 2010 ein Loft gekauft hat.
Neues Mascherl
Nun kommt die angestrebte Widmung endlich – allerdings werden die Lofts nicht wie erwartet in Wohn-, sondern in Gewerbefläche umgewandelt. Wohnen wird explizit verboten. Die erwartete Wohnwidmung bekommt dafür ein anderes Grundstück auf dem Areal, das dem Wohnfonds Wien (also der Stadt) gehört und bereits in der Vergangenheit medial auffiel.
Es liegt der Verdacht nahe, dass die Stadt für die Liegenschaft deutlich mehr als nötig bezahlt hat. 2012 wurde das Grundstück von der Puchsbaumgasse 1 GmbH um rund eine Million Euro vom Vorbesitzer erworben – und 2013 wieder an den Wohnfonds um 3,6 Millionen Euro weiterverkauft. Warum sich der Wert des Grundstücks mit Industriewidmung an der Tangente innerhalb eines Jahres beinahe vervierfacht haben soll, ist unklar – denn ähnliche Grundstücke in der Umgebung fanden nur sehr schwer neue Besitzer. Die offizielle Be- gründung aus dem Wohnbaustadtratsbüro Michael Ludwigs gegenüber „Profil“war, dass der Verkäufer eigentlich mehr bezahlt habe, dies aber nur nicht in den Verträgen ausgewiesen sei. Die tatsächliche Wertsteigerung wird nun mit der Umwidmung realisiert, die Wohntürme bis zu 35 Meter vorsieht. Heute, Mittwoch, ist der Änderungsantrag im Ausschuss und soll im nächsten Gemeinderat beschlossen werden.
Die Bewohner der Ankerbrotfabrik fühlen sich ungerecht be- handelt und wollen, wenn nötig, vor den Verwaltungsgerichtshof ziehen. „Wir sehen den Gleichheitsgrundsatz verletzt“, sagt Schönfeld. Es seien bei der Bewertung des Areals etliche Parameter nicht miteinbezogen wurden, Zahlen seiner Meinung nach geschönt worden, um die Wohnwidmung für den Wohnfonds überhaupt begründen zu können. In angekündigte kooperative Verfahren sei man nicht einbezogen worden.
Unterstützt wird die Initiative von der ÖVP, die mit einem Antrag für eine Umwidmung zugunsten der Initiative plädiert – von RotGrün wird das abgelehnt. Aus dem Stadtplanungsbüro von Maria Vassilakou (Grüne) heißt es: „Hier war Wohnen nie vorgesehen – da wurden von den damaligen Verkäufern wohl falsche Hoffnungen geweckt, denn eine Umwidmung kann von niemandem bei Immobilienverkäufen zugesichert werden.“Die Umwidmung finde jetzt auch nur statt, damit eine temporär eingerichtete Schule der Caritas dauerhaft bleiben kann.
Kein Rauswurf
Die Bewohner der Lofts dürfen hier also nicht legal wohnen – allzu viel haben sie von der Stadt aber dennoch nicht zu befürchten, denn die scheint eine recht österreichische Lösung zu bevorzugen. Obwohl man eine Wohnwidmung nicht hergeben will, hat offensichtlich niemand etwas dagegen, wenn hier trotzdem jemand wohnt. Man habe nicht vor, heißt es auf „Presse“-Anfrage, jemanden auf die Straße zu setzen.