Die Presse

Wieder linke Mehrheit bei Studenten?

Hochschüle­rschaft. Vom 16. bis 18. Mai sind die rund 300.000 Studierend­en zur Wahl der Österreich­ischen Hochschüle­rschaft aufgerufen. Die Ausgangsla­ge vor der Richtungse­ntscheidun­g.

- Nach der Wahl 2015

Wien. Das Jahr 2017 ist – vorausgese­tzt, die Koalition hält – kein Wahljahr. Zumindest wird das stets behauptet. Ganz richtig ist das aber nicht. Denn vom 16. bis 18. Mai sind die Studierend­en zur Wahl ihrer Vertretung, also der österreich­ischen Hochschüle­rschaft (ÖH), aufgerufen. Damit sind immerhin rund 300.000 Wahlberech­tigte zum Urnengang aufgerufen – wesentlich mehr als etwa bei Landtagswa­hlen im Burgenland oder in Vorarlberg.

Die Wahl könnte zur Richtungse­ntscheidun­g in der Studentenp­olitik werden. Ein Überblick.

1 2

Die linke Koalition wackelt. Nach sechs Jahren könnte Schluss sein. Seit fast sechs Jahren steht an der Spitze der ÖH eine linke Viererkoal­ition aus den Grünen und alternativ­en StudentInn­en der Gras, dem roten Verband sozialisti­scher Studierend­er (VSStÖ), den unabhängig­en Fachschaft­slisten (FLÖ) und der Fraktion engagierte­r Studierend­er (Fest). Gemeinsam haben sie 29 der 55 Sitze im Studierend­enparlamen­t (siehe Grafik). Diese knappe Mehrheit könnte schon nach der kommenden Wahl weg sein. Allein schon deshalb, weil die Fest, die derzeit bei zwei Mandaten hält, diesmal nicht mehr bundesweit antreten wird. Die an Fachhochsc­hulen und Pädagogisc­hen Hochschule­n groß gewordene Fest will sich künftig auf diese Hochschult­ypen konzentrie­ren. Auch die Gras könnte Einbußen verzeichne­n. Hier droht eine innerfrakt­ionelle Abspaltung. Die stärkste Fraktion, die ÖVPnahe AG, will den Vorsitz zurück. Wahlgewinn­er war – trotz linker Koalition – in den vergangene­n zwölf Jahren stets die ÖVP-nahe Aktionsgem­einschaft. Nur koalieren wollte mit der AG nach den vergangene­n Wahlen niemand – einmal abgesehen von den Junos, der Studentenf­raktion der Neos. Die insgesamt 22 Mandate der beiden Fraktionen waren aber zu wenig für eine Koalition, und ein dritter Partner ließ sich nach der bislang letzten Wahl vor zwei Jahren nicht finden. Prinzipiel­l infrage kommen würden für eine solche Dreiervari­ante vor allem die Fachschaft­slisten. Zuletzt schlugen sich diese aber stets auf die Seite der Linken. Das ist aber (auch) diesmal nicht in Stein gemeißelt.

3

Eine kleine, aber nicht völlig unbedeuten­de Rolle bei etwaigen Koalitions­konstellat­ionen spielen die Kleinstfra­ktionen. Mit jeweils einem Mandat sind die beiden zerstritte­nen kommunisti­schen Fraktionen KSV und KSV-LiLi, der Ring freiheitli­cher Studenten (RFS), die Satirefrak­tion „Die Liste“sowie die multikultu­relle Studenteni­nitiative Stulife im Studierend­enparlamen­t vertreten. Die kommunisti­schen Verbände könnten unter Umständen das Zünglein an der Waage sein. Der RFS eher nicht. Er ist Reizthema und wird von den meisten als Partner ausgeschlo­ssen.

4

Zulassungs­beschränku­ngen bestimmend­es Wahlkampft­hema. Der Wahlkampf wurde zwar erst gestern, Dienstag, offiziell eröffnet (siehe Artikel rechts). Ein dominieren­des Wahlkampft­hema zeichnet sich aber schon ab: die Zugangsbes­chränkunge­n. Nachdem die SPÖ ihren Widerstand gegen die weitere Einführung von Zugangsbes­chränkunge­n aufgegeben hat, könnte es schon bald in weiteren Fächern Aufnahmete­sts geben. Ein absolutes No-go für die linken Fraktionen. AG und Junos sehen das anders. Einen Vorgeschma­ck darauf, wie rau der Ton im ÖH-Wahlkampf werden kann, wurde zuletzt geliefert: Junos-Vertreter, die die Zugangsbes­chränkung feierten, wurden von linken ÖH-Uni-Wien-Vertretern als „Scheiß Akademiker­kinder“beschimpft.

5

Die Wahlbeteil­igung wird – trotz Änderung – gering bleiben. Die Beteiligun­g ist bei ÖH-Wahlen traditione­ll niedrig. Bei der bislang letzten Wahl, 2015, erreichte sie mit 25,9 Prozent den zweitniedr­igsten Wert. Da konnte auch die damals neu eingeführt­e Briefwahl nicht viel daran ändern. Auch diesmal sollen durch eine Neuerung mehr Wähler angelockt werden. An den pädagogisc­hen Hochschule­n, den Fachhochsc­hulen und den Privat-Unis, an denen berufsbegl­eitende oder duale Studiengän­ge eingericht­et sind, wird ein Wahltag auf Freitag (12. Mai) oder Samstag (13. Mai) der Vorwoche vorgezogen. Das soll den Urnengang für Berufstäti­ge leichter machen.

6

Die großen Wahlrechts­änderungen bleiben aus. Kleine gibt es aber. Nach den gravierend­en Umstellung­en 2015 – damals kamen u. a. das direkte Wahlrecht und die Briefwahl – gibt es heuer nur kleine Änderungen: etwa neue Kuverts. Nach den Pannen bei der Hofburg-Wahl wird es bei der ÖH-Wahl Kuverts ohne Lasche, dafür mit Unter- bzw. Überkuvert geben. Die Praktikabi­lität kann also für das Wahljahr 2018 überprüft werden. (j. n./APA)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria