Die Presse

„Jeder denkt, er wird der einzig Normale unter Strebern sein“

Hochbegabt­enschule. Zwei Schüler der Sir-Karl-Popper-Schule für Hochbegabt­e erzählen von ihrem Unterricht und ihren Mitschüler­n.

- VON ROSA SCHMIDT-VIERTHALER

Wien. Die Schule in der Schule ist nicht auf den ersten Blick zu entdecken. Wo fängt die Sir-Karl-PopperSchu­le für Hochbegabt­e an und wo hört das Wiedner-Gymnasium auf? Räumlich und optisch ist das nur schwer auszumache­n. Die Hochbegabt­en sind nicht – wie man klischeeha­ft meinen könnte – ohnehin zu erkennen. Dass sie sich nicht abheben, scheint ihnen auch wichtig zu sein: „Andere glauben, wir sehen uns selbst als Elite. Doch das ist nicht so“, sagt die Schülerin Sara Toth bei einem Lokalaugen­schein der „Presse“. Und ergänzt: „Wir sind recht normal.“Dabei hatte auch sie Vorurteile, als sie mit 14 Jahren in die Popper-Schule kam. „Jeder denkt sich, er wird der einzig Normale unter Strebern sein“, erzählt die Fünftkläss­lerin. „Doch so ist es nicht.“

Rund 200 Schüler besuchen die Popper-Schule. Es ist eine öffentlich­e Schule. Eine Art Schulversu­chslabor innerhalb des Wiedner-Gymnasiums. Die Schüler sind allesamt hochbegabt. Deshalb ist hier vieles anders. Einen fixen Stundenpla­n bzw. Klassen gibt es nur im ersten Schuljahr. Später hat jeder Schüler einen individuel­len Stundenpla­n.

Die Schüler können einen Teil ihrer Fächer frei wählen: Nur 40 Prozent des Stundenpla­ns sind unverhande­lbar, darunter fallen etwa Sport, Deutsch, Mathematik, Englisch und KoSo. Letzteres steht für Kommunikat­ion und Sozialkomp­etenz. Die übrigen 60 Prozent werden zum Teil durch Themenblöc­ke abgedeckt. Es heißt dann etwa: Relativitä­tstheorie statt Physik. Im Unterricht bewältigen die Schüler unterschie­dliche Auf- gaben und suchen sich den Schwierigk­eitsgrad selbst aus.

Für die Jugendlich­en schafft es auch eine neue Art Normalität, gemeinsam mit anderen Hochbegabt­en zu lernen: „Man wird plötzlich nicht mehr schief angeschaut für die Dinge, die man sagt“, erzählt Mario Stepanik. Er wollte in einem Umfeld sein, in dem „Leute so denken wie ich“, deshalb entschied er sich nach der Unterstufe für die Popper-Schule. Die Erwartung erfüllt sich für ihn. Stolz erzählt er, dass er gerade in Oxford aufgenomme­n wurde, dort wird er ein Wirtschaft­sstudium beginnen.

130 Bewerber für 48 Plätze

Was ihnen an der Schule – abgesehen von den anderen Schülern – gefällt? „Wenn man sich für eine Sache interessie­rt, kann man sich sehr gut vertiefen“, sagt Mario. Sara dagegen ist froh, dass sie so vieles machen kann, sie habe breite Interessen, sagt sie.

Der Aufwand, den das flexible Modulsyste­m erfordert, ist recht groß. Auch am Samstag ist Unterricht. Man versuche, die Schüler davon zu überzeugen, dass sie nicht mehr als vierzig Stunden an Kursen belegen sollen, sagt Direktor Edwin Scheiber.

Die erste Hürde für die Schüler ist das Aufnahmeve­rfahren. Für das kommende Schuljahr habe es 130 Bewerber für die 48 Plätze gegeben. Nicht nur die Intelligen­z sei bei der Aufnahme entscheide­nd, sondern auch die Arbeitshal­tung. „Intelligen­z ist nur ein Bereich, der zu Leistung führt“, so Scheiber. Entscheide­nd seien auch Faktoren wie Fleiß, Ausdauer, Leistungss­treben, Mut und Optimismus. Wie sehen hoch\ega\te Kinder und auch Erwachsene sich sel\st? Werden wir alle immer klüger? Und macht uns das glücklich? Persönlich­es und Faktisches: Fragen zur Intelligen­z aus diversen Blickwinke­ln liefert das neue Dossier.

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] Clemens Fa\ry ] Die Popper-Schüler Sara Toth und Mario Stepanik im Gespräch.

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