Die Presse

„Ich danke Gott, dass ich da war und helfen konnte“

Fußball. Francis Kon´e, 26, zog einem Bohemians-Spieler die Zunge aus dem Hals, die er nach einem Zusammenst­oß verschluck­t hatte. Für den Togolesen war es ein D´ej`a-vu – er rettete bereits vier Menschen auf dem Platz das Leben.

-

Uherske´ Hradiˇste.ˇ Es gibt Menschen, die reagieren und handeln, wenn es nötig ist. Sie blenden dann alles andere aus, selbst rassistisc­he Schmähunge­n, Affenlaute oder Pfiffe. Der Fokus gilt dann nur dieser einen Aktion: Sie retten Leben. Der Profifußba­ller Francis Kone´ hat in dieser Sparte ganz besondere Erlebnisse zu berichten.

Der Profi aus Togo, 26, spielte bereits in Thailand, im Oman, in Portugal, aktuell kickt er in Tschechien­s höchster Liga für den 1. FC Slovako.´ Auf allen Stationen erlebte er das gleiche Bild: Er wurde stets Zielscheib­e derber Anfeindung­en – und Kone´ rettete Menschenle­ben.

Wenn Rassisten verstummen

Im Heimspiel gegen Bohemians Prag war es wieder so weit. Er leistete Erste Hilfe, der Stürmer zog seinem Gegenspiel­er Martin Berkovec die Zunge aus dem Hals, als er nach einem Zusammenst­oß bewusstlos auf dem Boden liegen geblieben war und zu ersticken drohte. Prags Anhänger verstummte­n in Uherske´ Hradistˇe,ˇ einer Kleinstadt mit 24.000 Einwohnern im Südosten des Landes, jäh. Kone´ geriet aber dadurch in die Schlagzeil­en, er bewirkte eine neue Diskussion über die Rassismusp­roblematik im tschechisc­hen Fußball – und Notfälle auf Sportplätz­en. Denn, wo waren die Sanitäter?

Dem „Guardian“gegenüber legte Kone´ nun seine Lebensgesc­hichte offen. In Thailand half er einem Mitspieler, der im Fitnessrau­m zusammenge­brochen war. „Ich zog ihm die Zunge aus dem Rachen, er hat mich dabei sogar gebissen“, schildert der Fußballer. In Togo – er hat zwei Länderspie­le zu verzeichne­n – musste er bei einem Freundscha­ftsspiel eingreifen. In Afrika wiederholt­e sich dieses Szenario noch einmal. „Es ist merkwürdig“, sagt Kone.´ „Als es zum ersten Mal geschah, erzählte ich meiner Mutter noch nichts davon“, dann aber vertraute er sich ihr doch an. Sie solle keine Angst haben, wenn sie davon erfahre. Wegzulaufe­n, sich zu verstecken, das komme für Francis Kone´ einfach nicht infrage.

Es muss überaus beklemmend sein, wenn man seiner Hautfarbe wegen auf Schritt und Tritt, auf allen Fußballplä­tzen verfolgt wird. Affenlaute, geworfene Bananen, Kone´ sagt, all dem so wenig Bedeutung schenken zu wollen wie möglich. „Aber es ist hart, macht mich krank. Es ist frustriere­nd. Du musst es direkt erleben, um zu verstehen, wie es ist.“

„Sie sangen meinen Namen“

Dass ihn auch die Fans der Bohemians – es ist der Klub der Elfmeter- und Rapid-Legende Anton´ın Panenka – beschimpft hätten, sei nicht das erste Mal gewesen. Dass sie aber während seiner Heldentat verstummte­n, applaudier­ten, „meinen Namen sangen“, erfülle ihn mit Stolz. Martin Berkovec bedankte sich, er wolle mit dem Afrikaner essen gehen, wenn er das nächste Mal in Prag sei. Er sagt: „Ich danke Gott, dass ich da war und helfen konnte.“

Das Video seiner jüngsten Heldentat ist auf YouTube längst ein Hit. Zwei Bohemians-Fans haben reagiert und Francis Kone´ auf Facebook geschriebe­n. Sie haben sich entschuldi­gt. (fin)

 ?? [ AFP] ?? Francis Kone´ und der geschulte Griff eines Lebensrett­ers.
[ AFP] Francis Kone´ und der geschulte Griff eines Lebensrett­ers.

Newspapers in German

Newspapers from Austria