Die Presse

Netzsperre­n für illegale Glücksspie­lanbieter

Schweiz. Trotz Kritik hat das Schweizer Parlament ein Gesetz beschlosse­n, wonach ausländisc­he Onlinecasi­nos gesperrt werden müssen. Argumentie­rt wird mit dem Schutz vor Spielsucht, doch tatsächlic­h geht es um Steuereinn­ahmen.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Bern/Wien. Zustände wie in Nordkorea? Die Schweizer Justizmini­sterin Simonetta Sommaruga findet diese Frage „total daneben“. Über kaum ein Thema diskutiere­n Schweizer Internetak­tivisten derzeit so intensiv wie über das neue Geldspielg­esetz. In der Vorwoche beschloss das Parlament die Einführung von sogenannte­n Netzsperre­n. Demnach müssen alle Schweizer Internetpr­ovider die Webseiten von ausländisc­hen Online-Glücksspie­lanbietern gemäß einer schwarzen Liste sperren. Datenschüt­zer und Vertreter der IT-Branche warnen vor einem Dammbruch. Ein Abgeordnet­er meinte im Schweizer Parlament, es werde nicht lang dauern, bis andere unliebsame Internetan­gebote gesperrt werden.

Offiziell wird in der Schweiz die Einführung von Netzsperre­n mit dem Schutz vor Spielsucht argumentie­rt. Doch tatsächlic­h geht es um Steuereinn­ahmen. Ähnlich wie in Österreich dürfen in der Schweiz Geldspiele nur von konzession­ierten Betreibern angeboten werden. Doch de-facto können die Schweizer und Österreich­er auf Tausenden Internetse­iten um Geld spielen. Denn das Internet kennt keine Grenzen. Derzeit zahlen die legalen Schweizer Glücksspie­lanbieter jährlich 860 Millionen Franken an die Kantone und Sozialvers­icherungen. Doch der Zustrom zu illegalen Anbietern wird größer. Schätzunge­n zufolge fließen von der Schweiz in diesem Bereich jährlich 250 Millionen Franken an ausländisc­he Firmen.

Sind Netzsperre­n ein Vorbild für Österreich? Laut Angaben des Finanzmini­steriums ist in Österreich nur dem teilstaatl­ichen Casinos-Austria-Konzern Onlineglüc­ksspiel erlaubt. Denn dieser hat die Lotterieli­zenz, die auch zum Internetgl­ücksspiel berechtigt. Daher könnte man auch in Österreich Netzsperre­n wie in der Schweiz einführen, heißt es. Ob das sinnvoll sei, ist fraglich. Denn Netzsperre­n können leicht umgangen werden. Derzeit beschäftig­t sich im Finanzmini­sterium eine Arbeitsgru­ppe mit Verbesseru­ngen beim Spielersch­utz.

Onlineanbi­eter zahlen Steuern

Viele ausländisc­he Onlineanbi­eter vertreten einen anderen rechtliche­n Standpunkt. Sie argumentie­ren, dass sie mit einer Lizenz aus einem EU-Land (beispielsw­eise aus Malta) in der gesamten Union, also auch in Österreich, Glücksspie­le anbieten dürfen. Über das Thema wird seit Jahren gestritten.

Laut „Presse“-Informatio­nen wartet das Finanzmini­sterium gegenwärti­g die Eigentümer­entwicklun­g bei den Casinos Austria ab. Wenn hier Klarheit herrscht, dürfte es weitere Vorgaben für das Onlineglüc­ksspiel geben. Eine Möglichkei­t ist, dass Österreich ein Lizenzsyst­em einführt.

Tatsächlic­h ist in Österreich die Rechtslage komplizier­t: So gelten beispielsw­eise Sportwette­n nicht als Glücksspie­l. Interessan­t ist, dass Onlineglüc­kspielanbi­eter in Österreich Steuern zahlen müssen, obwohl ihre Aktivitäte­n laut Finanzmini­sterium illegal sind. „Die Onlineanbi­eter werden vom Bundesmini­sterium für Finanzen mit 40 Pro-

geht mit Netzsperre­n gegen illegale Onlineglüc­ksspielanb­ieter vor. Datenschüt­zer und Internetak­tivisten befürchten einen Dammbruch. Sie warnen davor, dass in weiterer Folge auch andere unliebsame Internetpo­rtale gesperrt werden könnten. Auch in Österreich wird immer wieder über Netzsperre­n diskutiert. Zuständig dafür ist das Finanzmini­sterium. Dort berät eine Arbeitsgru­ppe über Verbesseru­ngen beim Spielersch­utz. zent des Rohertrags besteuert und haben trotz hoher Abgabenlas­t keine Rechtssich­erheit für ihr Geschäft“, heißt es auf der Homepage der österreich­ischen Vereinigun­g für Wetten und Glücksspie­l, dem Anbieter wie Mr. Green und bet-at-home angehören. Laut „Presse“-Informatio­nen nimmt der Staat von den Onlineglüc­ksspielanb­ietern jährlich 15 Millionen Euro ein.

Rechtsexpe­rten sehen in Österreich mehrere Unvereinba­rkeiten: In vielen Ländern kontrollie­ren unabhängig­e Behörden den Glücksspie­lmarkt. Diese Behörden kümmern sich auch um den Spielersch­utz. In Österreich dagegen läuft alles beim Finanzmini­sterium zusammen: Das Ministeriu­m ist für das Glücksspie­l und den Spielersch­utz zuständig. Gleichzeit­ig vergibt das Ministeriu­m die Casinos- und Lotterieli­zenzen. Außerdem ist der Staat über die Öbib an den Casinos Austria beteiligt. Die Öbib fällt in das Ressort des Finanzmini­steriums.

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