Öl: Ab dem Jahr 2022 wird es eng
Prognose. Zuletzt haben die Ölproduzenten mit Förderkürzungen von sich reden gemacht, um den Preis zu stützen. Nun dreht die IEA den Spieß um und mahnt: Höchste Zeit zu investieren!
Wien/Houston/Paris. Die Dynamiken auf dem Ölsektor werden immer schneller. Eben noch stöhnte die Ölindustrie unter dem seit Mitte 2014 abgestürzten Ölpreis und war zuletzt hauptsächlich damit beschäftigt, die Förderung zu kürzen, um den Preis zu stützen. Schon lässt die Internationale Energieagentur (IEA) mit einer Warnung aufhorchen: Sollte weltweit nicht wieder mehr in die Förderung investiert werden, könnte die Nachfrage nach dem Jahr 2022 nicht mehr erfüllt werden, teilte die Agentur, die regelmäßig Analysen zum Energiemarkt veröffentlicht, mit.
Das Problem ist also kein aktuelles, sondern ein mittelfristiges. Für die kommenden drei Jahre sehe die Lage noch „komfortabel“aus, so IEA-Chef, Fatih Birol, bei der Vorstellung der Fünfjahresprognose: Aber „dies ist keine Zeit für Selbstzufriedenheit“.
Schwellenländer brauchen Öl
Laut IEA werden vor allem Entwicklungsländer für eine steigende Nachfrage sorgen – allen voran Asien und speziell Indien, das sogar mehr Bedarf haben werde als China. Obwohl die Nachfrage in den OECD-Industrieländern weiter sinke, werde die globale Nachfrage auf 103 Mio. Barrel pro Tag steigen, um 7,3 Millionen mehr als heute.
Was nun die künftige Angebotsknappheit betrifft, so sind die Hintergründe komplexer. Derzeit laboriert der Markt ja nach wie vor an einem Überangebot. Zustande gekommen war dies durch exzessive Förderung seitens Saudiarabiens seit 2014, das damit die neue Konkurrenz seitens der US-Schieferölproduzenten ausbremsen wollte. Der Preis stürzte daraufhin von vormals gut 110 Dollar je Barrel auf unter 30 Dollar ab, ehe er sich Ende 2016 auf über 56 Dollar erholte. Was Konsumenten freute, hatte auf Produzentenseite aber auch zur Folge, dass die Investitionen in den vergangenen beiden Jahren von knapp 800 auf nur noch etwa 450 Milliarden Dollar pro Jahr einbrachen.
Die USA . . .
Immerhin kehren inzwischen – konkret seit einem Dreivierteljahr – die US-Schieferölproduzenten mit Investitionen zurück. Die Anzahl der Bohrlöcher in den USA ist auf 609 gestiegen – ein Plus um 100 seit Mitte Dezember, wie die US-Ölausrüsterfirma Baker Hughes mitteilte. Das Problem: Der Anstieg der Bohraktivitäten ist auf die USA und Kanada beschränkt.
Das muss nicht verwundern, schließlich hat die Produktion kon- ventionellen – also bisher üblichen – Öls aus neuen Lagerstätten lange Vorlaufzeiten und wird im Falle bereits versiegender Felder immer kostenintensiver. Entsprechend hält auch die IEA fest, dass künftig mehr Öl vor allem aus den USA kommen werde, zumal die Bohrkosten durch technologische Verbesserungen gesunken sind.
„Amerika wird die Opec (das von Saudiarabien dominierte Ölkartell) entmachten“, meinte daher auch Eugen Weinberg, Ölanalyst der Commerzbank, kürzlich im Interview mit dem „Handelsblatt“: Die USA werde den Ölpreis mitbestimmen, zumal der neue Präsident, Donald Trump, die Eigenproduktion fördern wolle.
. . . sind nicht der alleinige Retter
Die USA sind freilich nicht das Allheilmittel. Denn wenn die Opec ihre Förderung nicht beizeiten erhöhe, werde die globale Produktionssteigerung mit der steigenden Nachfrage nicht mithalten, so Weinbergs Kollege Carsten Fritsch gegenüber der „Presse“.
Von den Opec-Ländern würden vor allem die billig produzierenden wie der Irak, der Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate zum Angebot beitragen, so die IEA. In Russland werde die Produktion stabil bleiben, in Nigeria, Algerien und Venezuela sinken. (est)