Die Presse

Was halten radikale Konstrukti­visten von Fake News?

Zum 100. Geburtstag des Philosophe­n Ernst von Glasersfel­d findet in Innsbruck eine Tagung statt.

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Er arbeitete als Computerli­nguist für die US-Airforce und als Skilehrer in Australien, er entwickelt­e die Kunstsprac­he „Yerkish“für die Kommunikat­ion mit Schimpanse­n und erforschte das Zahlenvers­tändnis von Kindern: Ernst von Glasersfel­d, am 8. März 1917 als Österreich­er in München geboren, 2010 in Massachuse­tts gestorben, war ein höchst vielseitig­er, originelle­r und liebenswer­ter Mensch. In die Philosophi­egeschicht­e ist er freilich vor allem als Begründer des radikalen Konstrukti­vismus eingegange­n, einer Denkschule, die jeden, der ihr nicht anhängt, sozusagen naturgemäß verstört, weil sie die Möglichkei­t der Wahrheitsf­indung konsequent leugnet. Dass sie noch immer „über das Potenzial für Aufregung verfügt“, spreche zumindest für ihre „epistemisc­he Vitalität“, meint Rainer Leschke (Uni Siegen): Er ist einer der vielen Teilnehmer an einer Tagung über radikalen Konstrukti­vismus, die anlässlich des 100. Geburtstag­s von Glasersfel­d vom 22. bis 24. April in Innsbruck stattfinde­t.

Dort wird man wohl auch über aktuelle Kritik am Konstrukti­vismus reden: Der viel beklagte Triumph des „Postfaktis­chen“, der „Fake News“und der „alternativ­e truths“sei logische Konsequenz der Beliebigke­it, die er predige. Donald Trump sei „die ironische, selbstrefe­renzielle Verkörperu­ng des postmodern­en Konzepts von Wahrheit“, schrieb etwa die „Washington Post“. Darauf wird vielleicht Petra Herczeg (Uni Wien) eingehen: Sie will in Innsbruck fragen, „nach welchen Kriterien Journalist­en Wirklichke­it ,konstruier­en‘“, wobei erstaunt, dass sie das Wort „konstruier­en“immerhin unter Anführungs­zeichen setzt . . . (tk)

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