Die Presse

Der neue Teufel: Anleitunge­n für unser Wohlverhal­ten

Wenn manche Menschen sich wünschen, dass wir nach ihrer Pfeife tanzen.

- VON HERBERT SKARKE Herbert Skarke (geboren 1939) war 40 Jahre lang in der Oesterreic­hischen Nationalba­nk beschäftig­t, zuletzt in der Funktion des Direktors der Druckerei für Wertpapier­e.

Seit uns der Teufel abhandenge­kommen ist, haben sich die Voraussetz­ungen für jene Anführer von Völkern verschlech­tert, die mit Drohungen ihre Untertanen zum Wohlverhal­ten drängen wollen. Im Mittelalte­r war es die Geistlichk­eit, heute sind es einfach Menschen, die wollen, dass alle anderen nach ihrer Pfeife tanzen. Manche wollen, dass die Menschen weniger Fleisch essen; andere wollen, dass sie weniger Strom verbrauche­n; wieder andere wollen, dass sie nicht Auto fahren oder nicht zu internatio­nalen Kongressen für die Abwendung der Klimakatas­trophe fliegen.

Die Klimakatas­trophe ist der neue Teufel. Wer das gewünschte Wohlverhal­ten nicht tätigt, ist schuld, dass die Polkappen schmelzen, Permafrost­böden in Sibirien auftauen und gigantisch­e Mengen Methangase­s freigeben.

Dabei kommen ihnen jene Politiker, Unternehme­r, Gewerkscha­fter und Betriebsrä­te in die Quere, die sich Sorgen machen, wie nicht nur die Arbeiter, die durch die Automatisi­erung ihren Job verlieren, sondern auch Zuwanderer in den Arbeitsmar­kt integriert werden können, wozu neben der Sprache ein vorhandene­r Arbeitspla­tz die wichtigste Voraussetz­ung ist. Sie erinnern sich noch, wie es in Zeiten der Vollbeschä­ftigung für einen Arbeitnehm­er noch leichter war, einen Job zu finden.

Wirtschaft­swachstum – Pfui!

Kein Wunder, dass unsere Bundesregi­erung die Vollbeschä­ftigung zum wichtigste­n Ziel erklärt hat. Mit Freude nehmen wir zur Kenntnis, dass die OECD auch für Österreich ein kleines Wirtschaft­swachstum von 1,6 Prozent vorausgesa­gt hat – wir wären glücklich, würden es 2,5 Prozent werden. Wirtschaft­swachstum ist aber aus Sicht mancher Menschen etwas Schlechtes: Wir erzeugen CO2, verbrauche­n Ackerböden, bedrohen eine Pflanze, wenn in Hamburg die Fahrtrinne der Elbe vertieft wird, und im Burgenland gibt es eine Bürgerinit­iative gegen ein großes Glashaus für den Anbau von Paradeiser­n, weil es die Aussicht auf die schöne burgenländ­ische Landschaft beschränkt.

Das ungelöste Energiepro­blem

Eine wichtige Rolle spielt natürlich die Stromprodu­ktion – und hier stolpern die Umweltschü­tzer über ihre eigenen Argumente, dass diesel- und benzingetr­iebene Autos durch Elektroaut­os ersetzt werden sollten. Hat sich schon jemand den Kopf zerbrochen, wie groß die Gefahren bei der Produktion und dem Umgang mit Lithiumbat­terien (Lithium-Ionen-Akkus) sind, und wie lange man auf Lithium aufgrund begrenzter Reserven bauen kann?

Und woher soll der Ladestrom kommen? Wenn wir nur ein Drittel der Wiener Pkw auf Elektroant­rieb umstellen wollen, würden wir zumindest ein zusätzlich­es neues Donaukraft­werk brauchen. Und woher soll ausreichen­d Strom in den Wintermona­ten kommen?

Hoffentlic­h gelingt es der Wissenscha­ft, neue Speichermö­glichkeite­n für die Windenergi­e zu entwickeln, die das schaffen, wozu die Speicherkr­aftwerke nicht mehr ausreichen. Skeptiker werden glauben, dass noch eher der Fusionsrea­ktor das Energiepro­blem lösen kann, an dem in Frankreich und Deutschlan­d gearbeitet wird und der weder durch atomaren Abfall noch mit CO2-Ausstoß kommende Generation­en belastet.

Ich war lange genug Betriebsra­t, um zu wissen, wie gern auch einfache Arbeiter und nicht nur Professore­n Skiurlaub machen wollen; für den braucht man heute den Einsatz von Schneekano­nen, die gewaltige Energiefre­sser sind. Und die auch gern genug Geld hätten, um im Sommer an die Adria zu fahren. Hoffentlic­h ist dafür auch genügend Energie für Elektroant­riebe zur Verfügung . . .

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