Wie Kern seine Wahl trifft
Mit Pamela Rendi-Wagner hat der Kanzler erneut gezeigt, dass er Minister(innen) bevorzugt, die außerhalb der Partei Karriere gemacht haben. Die Teilorganisationen der SPÖ verlieren dadurch an Einfluss.
Wien. Jetzt, im Nachhinein, ist die Entscheidung für Pamela Rendi-Wagner eigentlich logisch. Jedenfalls aus Christian Kerns Sicht. Die neue Gesundheits- und Frauenministerin passt in das Anforderungsprofil des Bundeskanzlers. Kern setzt (immer) weniger auf Personen aus dem SPÖ-Kader und mehr auf solche, die zwar weltanschaulich Sozialdemokraten sind, ihr Berufsleben aber nicht nur in der Partei verbracht haben. Also auf Personen wie: Christian Kern.
Ein Beleg dafür ist die Gewerkschafterdichte innerhalb des roten Regierungsteams. Unter Werner Faymann war der ÖGB noch mit drei Ministern vertreten: Gerald Klug, Sabine Oberhauser und Alois Stöger. Klug musste gehen, als Kern kam. Und das Gesundheitsministerium wurde nun mit einer politischen Quereinsteigerin nachbesetzt. Bleibt Stöger. Er ist – bis auf Weiteres – der letzte Gewerkschafter in der Regierung.
Die Teilorganisationen der SPÖ verlieren unter Kern an Macht und Einfluss. Nach Oberhausers Tod meldeten einige Landesorganisationen beim Parteichef Personalwünsche für das vakante Ressort an, kamen damit aber genauso wenig durch wie die SPÖ-Frauen, die für eine Frauenministerin aus ihren Reihen lobbyiert hatten. Um nicht zu sagen: gegen Rendi-Wagner. Es hätte da einige fähige Kandidatinnen gegeben, sagt Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek im „Presse“-Interview (siehe Seite 2).
Bei Rendi-Wagners Präsentation am Mittwoch im Parlament sprach der Kanzler von einem „Signal der Offenheit“in der SPÖ. In seinem Team gebe es nun einen guten Mix aus Personen, die schon lange in der Partei verankert seien, und Personen „mit einem ganz anderen Hintergrund“, die aber „das Herz am richtigen Fleck“hätten.
Quereinsteiger und Rückkehrer
Wie Rendi-Wagner ist auch Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, die HeinischHosek aus dem Amt verdrängt hat, erst mit dem Eintritt in die Regierung Parteimitglied geworden. Und nicht wenige meinen, dass die ehemalige Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität genauso gut Ministerin für die ÖVP hätte werden können.
Auch Kanzleramtsminister Thomas Drozda und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, den Kern von Faymann übernommen hat, kamen nicht direkt aus einer Vorfeldorganisation, dem Parlament oder einem Landtag in die Regierung, sondern über Umwege. Drozda war Kabinettsmitarbeiter bei Franz Vranitzky und Viktor Klima, dann aber fast 20 Jahre Kulturmanager, zunächst im Burgtheater, später bei den Vereinigten Bühnen Wien. Doskozil war Polizist, Jurist im Innenministerium, Kabinettschef von Landeshauptmann Hans Niessl und Landespolizeidirektor im Burgenland.
Jene Regierungsmitglieder der SPÖ, die eine klassische Partei- oder ÖGB-Karriere hinter sich haben, sind mittlerweile in der Minderheit. Neben Alois Stöger sind das Infrastrukturminister Jörg Leichtfried, vormals EU-Abgeordneter und steirischer Landesrat, sowie Staatssekretärin Muna Duzdar, die aus dem Wiener Gemeinderat kommt.
Beim Regierungspartner orientiert sich die Personalauswahl noch stärker an den Bünde-Länder-Interessen, wie man vor einem knappen Jahr bei Innenminister Wolfgang Sobotka gesehen hat. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner soll nicht glücklich gewesen sein, beugte sich am Ende aber dem Begehr Erwin Prölls.
Spindeleggers Parteifreie
Die beiden Parteifreien im ÖVP-Team, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Familienministerin Sophie Karmasin, wurden noch von Michael Spindelegger in die Regierung geholt. Finanzminister Hans Jörg Schelling und Staatssekretär Harald Mahrer waren in der Privatwirtschaft erfolgreich, aber doch immer auch in Parteifunktionen. Und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter hat zwar Karriere als EU-Beamter gemacht, verdankt seinen Job aber der Kombination „Tiroler und Bauernbündler“.