Netanjahu redet Putin ins Gewissen
Analyse. Der israelische Premier traf den russischen Präsidenten, um ihn vor Irans militärischen Plänen in Syrien zu warnen und ihm eine neue Allianz schmackhaft zu machen.
Wien/Moskau. Gestern war das vierte Mal in eineinhalb Jahren, dass der israelische Ministerpräsident, Benjamin Netanjahu, Moskau besuchte. Beide Staaten verbinden nicht nur mehr als eine Million ehemalige Sowjetbürger, allen voran aus der Russischen Föderation stammende Juden, die nach Israel ausgewandert sind. Auch wirtschaftlich, technologisch und militärisch hat man enge Bande – so eng, dass Präsident Wladimir Putin einmal von einer „speziellen Beziehung“sprach.
Der Krieg in Syrien, der die Sicherheitsinteressen Jerusalems berührt, hat das Kooperationsbedürfnis vor allem auf israelischer Seite verstärkt. Auch die vielen Player im syrischen Krieg beunruhigen Israel: allen voran das Mitmischen des Erzfeindes Iran. Die sich intensivierenden Bande zwischen Moskau und Teheran drohen länger- fristig das Bündnis zwischen Netanjahu und Putin zu stören. In Syrien unterstützt Moskau nicht nur das Assad-Regime, es koordiniert seine Luftangriffe zudem eng mit Teheran, das mit den Revolutionsgarden und indirekt durch die libanesische Hisbollah-Miliz auf dem Boden vertreten ist.
„Schiitischer Terror“
Netanjahu ging es bei dem gestrigen Besuch daher vor allem darum, seinem Verbündeten Putin in Sachen Syrien ins Gewissen zu reden. „Wir wollen nicht, dass der radikale sunnitische Terror abgelöst wird vom schiitischen unter der Führung des Iran“, sagte er nach Angaben der Agentur Interfax und streute zugleich Moskau Rosen für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Netanjahus Besuch in Moskau war der erste seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump. Putin wie Netanjahu haben die Wahl Trumps begrüßt und hoffen auf eine Verbesserung des bilateralen Verhältnisses. Israel erwartet sich von Trump volle Rückendeckung bei der Umsetzung von Siedlungsprojekten in den besetzten Gebieten, Trumps Ablehnung des internationalen, unter seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelten Iran-Deals deckt sich mit der israelischen Linie, die den Iran – zu Recht – als Bedrohung seiner staatlichen Existenz identifiziert.
Auch Moskau hat die Ankunft Trumps zunächst geradezu frenetisch begrüßt. Die vor allem medial inszenierte hohe Erwartungshaltung dürfte beim Ausbleiben von diplomatischen Erfolgen aber bald abklingen. Und insbesondere die gegensätzlichen Interessen von Moskau und Washington in Syrien sowie der Umgang mit dem Iran könnten sich als Hindernisse für ein baldiges Tauwetter erweisen. In Jerusalem beobachtet man
Verstärkung Teheran-naher die Truppen vor allem auf den GolanHöhen mit großer Sorge. Sein Land sei entschieden dagegen, sagte Netanjahu noch vor der Moskau-Visite, dass Teheran „fortschreitend eine Front“auf dem Golan eröffne.
Aus israelischer Sicht geht es bei dem Treffen im Kreml vor allem um zwei Dinge: Langfristig soll eine dauerhafte Präsenz des Iran in Syrien verhindert werden. Putin sollte also für die „schiitische Gefahr“sensibilisiert werden. Denn eine Übermacht des Iran oder gar eine militärische Konfrontation mit Israel kann Moskau nicht wünschen.
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