Migranten sind (zu) oft Sonderschüler
Statistik. Der Anteil der Schüler mit nicht deutscher Muttersprache liegt in der Sonderschule bei 29 Prozent. In Inklusionsklassen ist er mit 33,2 Prozent noch höher.
Das hätte, ist sich Strolz sicher, einen wesentlichen Vorteil: Die bestehende Infrastruktur an den Sonderschulen und das Know-how müsse nicht „komplett begraben“werden. Man könne die Gebäude und Therapieeinrichtungen „nicht per Helikopter bei anderen Schulen dazupropfen“. Sonderschulen hätten anders dimensionierte Klassenzimmer und therapeutische Geräte – „bis hin zum Heilschwimmbad“– das brauche man.
Strolz schätzt, dass 85 Prozent der Sonderschüler „relativ einfach“ins Regelsystem wechseln könnten. Bei 15 Prozent sei das kaum möglich. Es gebe Kinder, die „eine Klasse mit 20 Kindern gar nicht aushalten“, „hochaggressiv“sind oder „Sonderinfrastruktur“brauchen. Da könne man nicht sagen, „es braucht eine Vollinklusion und alles ist eitel Wonne Waschtrog“. Die Öffnung der Sonderschulen hätte den Vorteil, dass behinderte Kinder nicht weiter abgeschottet wären. Wie man Eltern dazu bringen will, ihre nicht gehandicapten Kinder in eine gesellschaftlich schlecht angeschriebene Sonderschule zu schicken? „Die Schule heißt ja dann auch nicht mehr Sonderschule“, sagt Strolz. Ein anderes Türschild sei okay.
Durch diese „umgekehrte Inklusion“könne das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern zwar nicht bis 2020, aber bis 2022 zur Regel werden, rechnet Strolz vor. Von der Regierung, die das Thema bislang „völlig verschlafen“habe, brauche es dafür aber einen konkreten Fahrund Investitionsplan bis Sommer, sonst sei auch 2022 nicht haltbar. Wien. Die Sonderschule soll, so will es die Regierung, bis 2020 generell zur Ausnahme werden. Derzeit ist sie das aber noch nicht. Im Schuljahr 2014/15 hatten 30.600 Schüler einen sogenannten sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF). Fast zwei Drittel davon (62 Prozent) besuchen zwar bereits Inklusionsklassen, ein Drittel ging aber weiterhin in Sonderschulen. In diesen ist, so die häufig geäußerte Kritik, der Anteil der Kinder mit nicht deutscher Umgangssprache besonders hoch. Das Familienministerium hat sich das nun genauer angesehen.
Die Zahlen des Ministeriums, die der „Presse“vorliegen, zeigen: Tatsächlich ist der Anteil der Kinder mit nicht deutscher Umgangssprache innerhalb der Sonderschulen höher (28,7 Prozent) als unter den Schülern, die keinen sonderpädagogischen Förderbedarf haben (22,5 Prozent). Am höchsten ist der Anteil der Kinder Wien Vãg. OÖ Sãg. Stmk. Tirol NÖ Bgld. Ktn. mit nicht deutscher Umgangssprache aber in sogenannten Inklusionsklassen (33,2 Prozent). Migranten wird also überdurchschnittlich oft ein SPF attestiert.
Generell ist der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in der Sonderschule in fast allen Bundesländern höher als er sein sollte. Ausnahmen sind hier Kärnten und das Burgenland (siehe Grafik). Konkret haben etwa in Wien 50 Prozent aller Schüler eine nicht deutsche Umgangssprache. In den Sonderschulen sind es 54 Prozent.
Dass österreichweit 29 Prozent der Sonderschüler eine nicht deutsche Muttersprache haben, ist laut Familienministerium Wien geschuldet. Es „verzerre“die Statistik. Rechne man Wien heraus, liege der Anteil bei 19 Prozent, so die Argumentation. Freilich liegt in Wien aber auch der Anteil der Kinder mit nicht deutscher Muttersprache in der Gesamtschülerschaft deutlich höher als in Restösterreich. (j. n.)