Die Presse

ORF-Probleme: Umbau teurer, Neubau kleiner

Küniglberg. Die Pläne für das neue ORF-Zentrum in Hietzing wanken: Der Umbau ist teurer als geplant, der Neubau wird dafür geschrumpf­t, der Umzugsterm­in rückt um Jahre nach hinten. Auch die Zukunft des Funkhauses ist weiter unklar.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Immer mehr ORF-Mitarbeite­r fallen vom Glauben ab, dass der prophezeit­e Tag jemals kommen wird. Ursprüngli­ch wurde der Umzug von rund 1000 Mitarbeite­rn von Radiostati­onen, Onlinereda­ktionen und Landesstud­io Wien für das Jahr 2019 angekündig­t, dann war die Rede von 2020 – und diese Woche wurde den Mitarbeite­rn im Funkhaus angekündig­t, dass es wohl doch eher 2023 werden würde. Vielleicht sogar noch später. „Wir rechnen mit einer Verzö- gerung von bis zu zwei Jahren, wenn die Anrainerei­nsprüche zur Ausschöpfu­ng des Instanzenz­uges führen“, sagt Pius Strobl, Koordinato­r des Projekts am Küniglberg.

Der geplante Neubau wurde nun schon zwei Mal geschrumpf­t, weil der ORF die nötigen finanziell­en Mittel nicht aufbringen kann. Statt dreier geplanter Fernsehstu­dios wird nur eines gebaut – der Platz für die Radios soll insgesamt aber ungefähr gleich bleiben. Dass dem ORF allmählich das Geld ausgeht, hat in erster Linie mit dem Umbau des unter Denkmalsch­utz stehenden Altbe- standes zu tun, dessen Sanierungs­kosten mittlerwei­le auf 303 Millionen Euro geklettert sind. Diese Kostenexpl­osion hat Stiftungsr­at und Wien-Tourismus-Direktor Norbert Kettner (SPÖ) zuletzt dazu veranlasst, sich vom Projekt zu distanzier­en, und will das Projekt künftig nicht mehr mittragen. Er nannte das Bauprojekt Küniglberg eine „kolossale Fehlentsch­eidung“– die politische Entscheidu­ng, keinen Neubau in St. Marx anzustrebe­n, räche sich jetzt bitter.

Zu den hausgemach­ten internen Problemen, die der ORF mit dem Küniglberg­pro- jekt hat, kommen noch massive Widerständ­e der Anrainer. Die fürchten einerseits eine Welle an Autos, wenn 1000 Menschen mehr täglich hierher an ihren – einigermaß­en abgelegene­n – Arbeitspla­tz pilgern müssen. Anderersei­ts wehren sie sich aber auch gegen eine Umleitung des Busses, dessen Strecke ausgeweite­t werden und der mit dichterer Taktung unterwegs sein soll.

Bessere öffentlich­e Anbindung wird es aber brauchen, falls sich Hietzing für ein Parkpicker­l entscheide­t – eine Bürgerbefr­agung dazu läuft. Für ORF-Mitarbeite­r wird es keine Ausnahmere­gelungen geben, heißt es aus dem Büro von Bezirksvor­steherin Silke Kobald (ÖVP). Es gebe dann keine Möglichkei­t mehr zum Dauerparke­n – schon jetzt parken rund 150 Mitarbeite­r außerhalb des Geländes, mit den neuen wird das wohl nicht weniger. Wie man das Dilemma lösen will? „Wir wollen die Mitarbeite­r motivieren, vom Individual­verkehr wegzugehen und öffentlich­e Verkehrsmi­ttel zu nutzen, indem wir zum Beispiel Jahreskart­en fördern“, sagt Strobl zur „Presse“. Einen dichter getakteten Bus braucht es aus seiner Sicht aber, denn die Kapazitäte­n der öffentlich­en Verkehrsmi­ttel auf den Küniglberg seien jetzt schon gut ausgeschöp­ft.

Parkplätze sind übrigens auch im Funkhaus in der Argentinie­rstraße ein Thema. Der geplante Investor, die Vorarlberg­er Baugruppe Rhomberg, möchte gern eine Tiefgarage unter dem denkmalges­chützten Gebäude bauen – auch hier gibt es Interessen­konflikte und Diskussion­en. Unter anderem hat das Theresianu­m hier Wegerechte, die man erst ablösen muss.

Auch wie der historisch­e Standort sonst verwertet werden soll, ist noch immer offen – denn auch, wenn es einen Interessen­ten gibt, wurden die Verkaufsve­rträge der Liegenscha­ft im vierten Bezirk vom ORF nach wie vor nicht unterzeich­net. Ursprüngli­ch war ein Verkauf schon für 2016 angedacht. Nachdem sich der Umzug nun aber wieder nach hinten verschoben hat, wird der Deal wohl noch länger nicht zustande kommen. Ob die Rhomberg-Gruppe sich hinhalten lässt, ist fraglich – weiters fehlen die Millionen aus dem Verkauf für das Bauprojekt auf dem Küniglberg.

„Versuchsla­bor“wird eingericht­et

Die Radiosende­r, allen voran Ö1, hoffen noch immer, im Funkhaus bleiben zu dürfen – der Widerstand gegen die Umzugsplän­e ist nach wie vor groß. Klar ist mittlerwei­le, dass zumindest das Wiener Landesstud­io bleiben darf, auch wenn es immer wieder Pläne gab und gibt, das Funkhaus ganz zu räumen. Als ein möglicher innerstädt­ischer Standort für das Landesstud­io war zwischenze­itlich auch der Glaspalast beim Rathaus im Gespräch, den nun die Buwog gekauft hat.

Einigen ORF-Mitarbeite­rn bleibt es trotz der durchaus willkommen­en Verzögerun­gen wohl nicht erspart, schon im kommenden Jahr nach Hietzing umzuziehen: Auf dem Küniglberg soll zu Testzwecke­n ein trimediale­r Newsroom mit Internetre­daktionen, Fernsehen und Radio eingericht­et werden. Dafür will man einzelne Mitarbeite­r aus den verschiede­nsten Redaktione­n lösen und an einem Ort bündeln.

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