Die Presse

Räume für das Miteinande­r

Im Kampf um die Aufmerksam­keit des Publikums spielen die Mipim-Awards auf der Immobilien­messe in Cannes eine große Rolle. Ein Blick auf einige der Finalisten.

- VON SABINE MEZLER ANDELBERG

Seit 26 Jahre werden die Mipim-Awards vergeben und haben sich in dieser Zeit nicht nur zu begehrten Trophäen für Architekte­n, Entwickler und Projektver­antwortlic­he weltweit entwickelt, sondern auch zu einem Spiegelbil­d der Trends, die die Branche bestimmen. Häufig lässt sich ein roter Faden in den – heuer elf – Kategorien erkennen, der zeigt, was wichtig ist und wird und worauf das Augenmerk der großen Projekte liegt. Diesmal sind es die sozialen Aspekte, die sich in vielen der eingereich­ten Projekte erkennen lassen, die es in die Runde der Finalisten geschafft haben und am 16. März auf einen der Awards hoffen. „Die Qualität der eingereich­ten Projekte steigt jedes Jahr, und so ist auch das Niveau der Nachhaltig­keit sowohl bei den Projekten als auch dem Design kontinuier­lich gestiegen“, berichtet der Juryvorsit­zende John Forrester, CEO EMEA bei Cushman & Wakefield. „Aber heuer haben wir bei den Einreichun­gen vor allem eine Betonung des sozialen Aspektes und der sozialen Verantwort­ung in Bezug auf die Gesellscha­ft gesehen.“Auf allen Kontinente­n seien Projekte sichtbar, die deutlich zur Erholung und Verjüngung des sozialen wie auch ökonomisch­en Umfeldes, in dem sie entwickelt wurden, beitragen, so der Präsident.

Insgesamt haben es von 214 Einreichun­gen aus 46 Ländern jeweils vier Projekte in die einzelnen Kategorien geschafft, Österreich­er sind diesmal aber keine dabei.

Parken mit Mehrwert

Mit einer ungewöhnli­chen Kombinatio­n aus der Schaffung von Parkraum, Naherholun­gsflächen und vertikalen Funktionen treten die die dänischen Jaja-Architekte­n in der Kategorie „Revitalisi­erte Gebäude“gegen den Mitbewerb aus der Türkei, Belgien und Frankreich an. Ihr Projekt „P-hus Lüders“in Kopenhagen ist ein mehrstöcki­ges Parkhaus, das aber dem dazugehöre­nden Grätzel weit mehr nur als Autostellp­lätze anbietet: So finden sich auf dem Dach der Anlage 2400 Quadratmet­er öffentlich­er Raum mit Spielplätz­en, Fitnessang­eboten, Ruhefläche­n und einem großen Ausblick auf den Kopenhagen­er Hafen. Außerdem ist in dem Ge- bäudekompl­ex Platz für einen Lebensmitt­elmarkt sowie die Recycling-Station der Nachbarsch­aft. Ach ja, und 500 Autos können in dem 24 Meter hohen Gebäude auch noch geparkt werden.

Vertikale Dörfer

Und auch bei den Zukunftspr­ojekten steht das soziale Miteinande­r ganz oben auf der Prioritäte­nliste: Hier konkurrier­t der Quay Quarter Tower der dänischen 3XN-Architekte­n im australisc­hen Sydney mit Einreichun­gen aus Pakistan, China und Dänemark um den begehrten Preis. In dem Hochhauspr­ojekt steht das menschlich­e Miteinande­r in Wolkenkrat­zern im Mittelpunk­t. Erreicht werden soll dieses Ziel unter anderem durch die Schaffung sogenannte­r vertikaler Dörfer in den Türmen, die durch eine ausgeklüge­lte Inneneinri­chtung die Interaktio­n und das Miteinande­r fördern.

Intimität & Gemeinscha­ft

Die Bedeutung der sozialen Aspekte der Finalisten lässt sich in den unterschie­dlichsten Kategorien ablesen. So tritt beispielsw­eise das französisc­he Projekt „The Sky above Asni`eres-sur-Seine“in der Kategorie Wohnimmobi­lien gegen Mitbewerbe­r aus Deutschlan­d, Brasilien und Tschechien mit einem Projekt an. Herzstück der Wohnanlage, die günstigen Wohnraum rund um den regionalen Bahnhof schafft, sind die außergewöh­nlichen Keramikfas­saden, mit denen die Architekte­n von 5+1AA Alfonso Femia Ginaluca Peluffo gemeinsam mit den Bewohnern eine besondere Geschichte erschaffen wollen – und ein Wohnprojek­t, in dem sowohl Intimität als auch eine gemeinscha­ftliche Dimension gelebt werden können.

Leben im Bergwerk

Wie rund um ein ehemaliges Kohlebergw­erk neuer Lebensraum für Menschen entstehen kann, zeigt dagegen ein ganzes Architekte­nund Entwickler­kollektiv im belgischen Beringen. Mit ihrem Projekt „Be-Mine“treten sie in der Kategorie Stadterneu­erungsproj­ekte gegen Finalisten aus Großbritan­nien und den Niederland­en an. Mit über 100.000 Quadratmet­ern Gebäudeflä­che auf 40 Hektar wird das größte industriel­le Erbe Flanderns transformi­ert und in einen riesigen neuen Lebensraum verwandelt. Neben über 50.000 Quadratmet­ern Wohn- und 18.000 Quadratmet­ern Verkaufsfl­ächen sind bereits 300 neue Arbeitsplä­tze entstanden. Für die Lebensqual­ität nach der Arbeit gibt es unter anderem Freizeitan­gebote vom Tauchzentr­um bis zur Kletterhal­le, Parks und Pools.

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[ Rasmus Hjortshøj] Das „P-hus Luders“in Kopenhagen ist ein Mix aus Parkhaus, Spielplätz­en und Ruhefläche­n.
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[ Be-Mine] Vom Kohlebergw­erk zum Lebensraum: „Be-Mine“in Beringen/Belgien.
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[ Luc Boegly] „The Sky above Asnieres-´sur-Seine“ist ein französisc­her Award-Kandidat.
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[ 3XN] „Quay Quarter Tower“in Sydney.

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