Rahmenbedingungen für Branche sehr gut
Politisch und wirtschaftlich unsichere Zeiten lassen die Kassen bei Sachwerten klingeln. Immobilieninvestoren hoffen daher, an der Coteˆ d’Azur fündig zu werden, auch solche aus Österreich.
Um die Bedeutung der Mipim für internationale Immobilieninvestoren zu ergründen, genügt ein Blick auf die Teilnehmerliste: Fünf der sechs größten Staatsfonds, von Abu Dhabi Investment Authority über Temasek aus Singapur bis hin zur Katar Investment Authority geben sich in Cannes die Ehre. Dazu vierundzwanzig öffentliche und private Pensionskassen, Versicherungen und Fonds und eine Vielzahl an weiteren namhaften Investoren, die eines miteinander verbindet: die Suche nach Immobilien.
Sicherer Hafen
„Die aktuellen Zeiten mögen in politischer Hinsicht weiter einige schwer kalkulierbare Risken bereithalten, die Rahmenbedingungen für die Immobilienbranche sind aber nach wie vor sehr positiv“, zeigt sich Friedrich Wachernig, Vorstand der S Immo AG, überzeugt. Das gilt im Besonderen auch für Österreich. „Die Alpenrepublik gilt als sicherer Hafen im Vergleich zu anderen Ländern“, meint Thomas Belina, Prokurist bei Colliers International. Vor allem das Interesse der Asiaten ist deutlich angestiegen, zumal in Wien zuletzt auch wieder mehr Objekte in der Pipeline sind, die das Interesse dieser Investorengruppe wecken könnte. „Wir haben derzeit einige 100 Millionen an Projektvolumen in laufenden Verkaufsprozessen, und ich hätte gern mehr davon,“sagt der Experte. Asiatische Investoren spielen auch für Eugen Otto, Geschäftsführer von Otto Immobilen, eine bedeutende Rolle bei seinen Geschäftstreffen in Cannes. Mindestens ebenso wichtig seien ihm jedoch die „fast schon traditionellen Frühjahrsgespräche mit unseren internationalen Stammkunden“, betont er. Ähnlich sieht es auch Rechtsanwalt Alfred Nemetschke von Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte, der seit 2011 wieder an der Messe teilnimmt: „Die technische Kommunikation ist zwar eine angenehme Sache, aber das persönliche Gespräch und der gegenseitige Austausch sind am wichtigsten.“
An der Technologie kommt heutzutage dennoch kein Immobilienverantwortlicher mehr vorbei, was sich unter anderem auch daran zeigt, dass die Mipim der PropTech-Szene mit ihren Entwicklungsmöglichkeiten im Rahmen- programm heuer einen Schwerpunkt widmet. „Als wir 2012 zum ersten Mal die Tech-Start-upCommunity mit dem Immobiliensektor bekanntmachten, war PropTech ein relativ neues Konzept“, erklärt Filippo Rean, Leiter der Immobilienabteilung bei Reed Midem. „Jetzt ist Innovation auf der Mipim ein wichtiges Thema.“(Siehe auch Seite F7).
Digitalisierung unvermeidlich
Die Digitalisierung der Immobilienbranche sei unvermeidlich, erklärt auch Matthias Rant, Geschäftsführer der Sustain Solutions GmbH, des Unternehmens hinter der Dokumentationssoftware Docu Tools. „Die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Schon die Tatsache, dass die weltgrößte Immobilienmesse sich endlich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt, sollte allen Technikverweigerern zu denken geben.“Rant ist mit seiner Dokumentationssoftware heuer zwar nicht auf der Messe vertreten, möchte aber eine Teilnahme für die kommenden Jahre nicht ausschließen, vor allem da Docu Tools ausgeweitet wird: „Auf der Bau 2017 in München haben wir heuer schon mit großem Erfolg ausgestellt, und es wird voraussichtlich nicht bei den derzeit elf verfügbaren Sprachen der Software bleiben.“
Eines der zentralen Messethemen, das mit dem Slogan „The New Deal for Real Estate“betitelt wurde, beleuchtet, wie Investoren ihre Portfolios angesichts der aktu- ellen Herausforderungen managen können. Dabei spielen auch die gängigen Bewertungspraktiken eine bedeutende Rolle. In den angloamerikanischen Ländern sind die Anpassungen in Bezug auf Wertedefinitionen von Gebäuden schon längst über die Bühne gegangen. „In Großbritannien und den USA sind Immobilienbewertungen keine Alibiveranstaltungen, wie wir es bei uns oft noch haben, sondern echte Bewertungen von anerkannten Fachleuten“, erklärt Alfons Metzger, Geschäftsführer der Metzger Realitäten Gruppe: „Die verantwortlichen Personen, die man auf der Messe trifft, denken längst in diesen Dimensionen, und ich bemerke, dass diese Entwicklung nun auch in Deutschland Fuß zu fassen beginnt.“Eine Messe wie die Mipim ist für ihn meinungsbildend und kann die Sinnhaftigkeit einer professionellen Bewertung im Bewusstsein der österreichischen Marktteilnehmer verankern.
Im Großen und Ganzen zeigen sich die Marktteilnehmer trotz aller Unwägbarkeiten zufrieden mit der aktuellen Lage, wobei es Wachernig auf den Punkt bringt: Ich halte es für sehr wichtig, solche Veranstaltungen zu nützen und auch nach außen hin zu zeigen, dass die Immobilienbranche keinen Grund zum Jammern hat.“