Markt könnte um eine Facette reicher werden
Polen. Der Büromarkt ist seit Jahren bei internationalen Investoren etabliert. Nachholbedarf gibt es auf dem Wohnungsimmobilienmarkt.
Wohnraum ist ein knappes Gut in Polen. Auf 1000 Einwohner entfallen gerade einmal 363 Wohnungen. Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt sind es 486 Wohnungen. Hinzu kommt: Mit 77 Prozent befindet sich ein großer Teil in privatem Eigentum. Der überschaubare Vermietungsmarkt wird eher unprofessionell und in der Regel befristet betrieben. Derzeit weist der polnische Wohnungsmarkt im Bestand rund 14 Millionen Wohnungen auf. Über die Hälfte sind in Plattenbauten aus der Zeit des Sozialismus. Der Bedarf an modernem Wohnraum ist folglich groß, doch Nachschub fehlt.
Erste Schritte
„In den ersten drei Quartalen 2016 wurden nur rund 112.000 Wohnungen fertiggestellt. Knapp die Hälfte wird zum Verkauf oder zur Miete angeboten. Die anderen 55.000 Wohnungen sind für die Eigennutzung“, berichtet Annika Steiner, Leiterin Research beim Immobilienberater Wüest Partner Deutschland. Nachfrage gibt es für rund drei Millionen Wohnungen – auch im Hinblick auf die prognostizierte steigende Anzahl an Haushalten bis 2030, die in Warschau, Krakau, Danzig und Posen erwartet werden. Der niedrigste Woh- nungsbestand in der EU ruft natürlich Investoren auf den Plan, wenngleich noch eher verhalten. Das Immobilienunternehmen Bouwfonds verwaltet in Europa ein Portfolio von sechs Milliarden Euro – und hat jetzt erstmals in Polen eingekauft. „Für uns ist Polen zwar noch kein Kerninvestitionsland, der Markt gewinnt jedoch im Rahmen unserer paneuropäischen Investitionsstrategie in Wohnimmobilien an Bedeutung“, sagt Geschäftsführer Martin Eberhardt und nennt als Beispiel eine im Sommer 2016 gestartete Projektentwicklung im Warschauer Stadtzentrum mit 193 Einheiten.
Wer sich in Warschau – Spitzenreiter bei Kauf- und Mietpreisen in Polen – eine Eigentumswohnung zulegen will, muss rund 3800 Euro für den Quadratmeter zahlen. Die Angebotsmieten liegen zwischen 10,20 und 12,30 Euro pro Quadratmeter. Die Mietrenditen variieren zwischen fünf und 8,5 Prozent.
Schon lang haben österreichische Projektentwickler den polnischen Immobilienmarkt für sich entdeckt. Die S+B Gruppe hat 2005 das erste Projekt entwickelt. Die Konzentration liegt auf dem Büromarkt. Wohnbau ist kein Thema. Gerade wurde im Zentrum von Warschau das Bürohaus KroLEW-´ ska mit 6000 Quadratmetern Nutzfläche fertiggestellt. Die Verkaufsverhandlungen sind bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. „Wir sind immer auf der Suche nach neuen Projekten in Warschau und Krakau“, sagt Johannes Bauer, verantwortlich für das Asset-Management in CEE.
Langer Atem gefragt
Ebenfalls im Zentrum von Warschau wird derzeit ein Bestandsgebäude abgerissen, um an gleicher Stelle einen Büroturm mit 22.000 Quadratmetern Bürofläche und circa 4000 Quadratmetern Geschäftsfläche zu errichten. Baubeginn ist in sechs Wochen. „Das Projekt verwirklichen wir gemeinsam mit einem deutschen Fonds“, sagt Bauer. Allerdings ist ein langer Atem gefragt. „Die Akquise dauert oft länger als die Bauphase. Es gibt Projekte, an denen wir seit Jahren dran sind.“Im Gegensatz zum Wohnungsmarkt ist der Investmentmarkt für Büros bereits seit Jahren erschlossen und hat westeuropäische Standards erreicht. Neben Warschau zieht es Investoren nach Krakau, Breslau, Danzig, Kattowitz, Posen und Łod´z.´ „Seit zwei Jahren sind Investoren aus arabischen Ländern und Südafrika auf dem Markt aktiv. Eher selten sind chinesische“, sagt Maciej Müldner, Financial Director bei Skanska Property Poland. Wachstumspotenzial sieht er genug. „Warschau als größter Markt für Büroimmobilien in Polen hat einen Flächenbestand von fünf Millionen Quadratmetern. Stockholm ist einwohnermäßig kleiner, hat jedoch einen Bestand von zehn Millionen Quadratmetern.“
Warschau hat aber auch ein Risikopotenzial aufgrund des Leerstands, der aktuell bei 15,4 Prozent liegt. „Dieser befindet sich jedoch vorwiegend in älteren Objekten“, sagt Steiner. „Die Neubautätigkeit ist groß. Allein in Warschau kamen in den ersten drei Quartalen 2016 rund 380.000 Quadratmeter Fläche hinzu.“Die Spitzenrenditen liegen höher als in anderen europäischen Städten. Sie sind allerdings gesunken: Von unter sechs Prozent auf fünf Prozent. Die Kaufpreise sind mit 5500 Euro je Quadratmeter vergleichsweise niedrig. Die Spitzenmiete liegt bei 24 Euro.
Für Nachschub auf dem Büromarkt will auch weiterhin die CA Immobilien AG sorgen, wenngleich es derzeit kein aktuelles Projekt gibt. „Wir prüfen intensiv mögliche Investitionen in Bestandsgebäude im CEE-Raum, auch in Warschau“, sagt CEO Frank Nickel. Die CA Immo ist seit 2000 in Warschau investiert. Der polnische Wohnungsmarkt ist für ihn derzeit aber kein Thema.