Die Presse

„Und schon hab ich das Schlamasse­l“

Gesellscha­ftsvertrag. Wer sich um den Gesellscha­ftsvertrag nicht kümmert, erlebt blaue Wunder. Man will einen Gesellscha­fter loswerden und hat nicht vorgesorgt? Leider Pech!

- VON HANS PLEININGER

Wien. Wie werde ich einen Gesellscha­fter wieder los? Dieses Problem ist in Familienbe­trieben gar nicht so selten – und meist geht es dabei um die Angeheirat­eten, die man in den guten Zeiten am Unternehme­n beteiligt hat. Bei einer Scheidungs­rate in Österreich von 42 Prozent gehen jedoch auch viele Unternehme­rehen schief. Will man die Anteile des oder der Geschieden­en zurückhabe­n, ist das oft eine Herausford­erung.

„Haben Sie im Gesellscha­ftervertra­g diesbezügl­ich nichts vorgesehen, bringen Sie ihn oder sie ohne seinen Willen nicht raus“, sagt der Wiener Notar Michael Umfahrer, der auch Präsident der Österreich­ischen Notariatsa­kademie ist. Es sei daher sinnvoll, wenn man den Gesellscha­ftsvertrag vor jeder Situation X beleuchte. „Und wenn sich etwas ändert, muss ich den Vertrag vorher anpassen.“

Die Regel ist dagegen, dass bei Veränderun­gen oft nicht reagiert wird. „Und schon hab ich das Schlamasse­l“, sagt Umfahrer. Er erzählt, nicht wenige Gesellscha­ftsverträg­e seien 30 bis 50 Jahre alt und nie angepasst worden. Dabei können die Eigentümer in ihrem Gesellscha­ftsvertrag alles regeln: „Der Gesellscha­ftsvertrag sticht sogar das Testament“, sagt der Notar. Daher gilt es immer, „bei einer letztwilli­gen Anordnung, wem man seine Anteile vermacht, den Gesellscha­ftsvertrag anzuschaue­n, was möglich ist.“

Will der Unternehme­r den eingeheira­teten Schwiegers­ohn oder die Schwiegert­ochter beteiligen, geht es um die Frage, „Was gebe ich ihm oder ihr für Einflussre­chte?“, sagt Umfahrer. Kritisch sieht er „eine reine Beteiligun­g, ohne dass der Eingeheira­tete einen Bezug zum Unternehme­n hat“.

Arbeitet der in die Familie Gekommene aber kräftig mit, oder ist sogar Geschäftsf­ührer, so ist eine kleine Beteiligun­g ein großer Motivation­sschub. Aber: Man müsse aufpassen, dass man Familienfr­emden nicht mehr gibt als Fami- lienmitgli­edern, denn das kann zu Eifersucht und Streit führen.

Klare Regeln bei Scheidung

Bevor ein Zugeheirat­eter Anteile bekommt, sollte im Gesellscha­ftsvertrag klar geregelt werden, dass bei Scheidung die Anteile abgegeben werden müssen. „Im Gesellscha­ftsvertrag sollte verankert werden, dass für den Fall, dass die Ehe geschieden wird, die Gesellscha­fter das Recht haben, die Anteile des Nichtfamil­ienmitglie­ds aufzugreif­en“, sagt Umfahrer. Und es müssen auch die Abfindungs­rege- lungen festgelegt sein. Vergisst man darauf, „sind die rechtliche­n Möglichkei­ten spärlich“, sagt der Notar.

Den Geschieden­en und Weichenden bringe man daher nur auf wirtschaft­licher Ebene aus der Firma – „gegen angemessen­es Geld für dessen Anteile“, sagt Umfahrer. „Ist die Geschichte aber emotional, haben Sie keine Chance.“

Der Notar betont weiter: „Was für Familienfr­emde gilt, gilt auch für Familienmi­tglieder. Ich muss im Gesellscha­ftsvertrag auch regeln, wie ich mit Erben umgehe.“

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[ Eizinger ] Notar Michael Umfahrer: „Wenn sich etwas ändert, muss ich den Gesellscha­ftsvertrag anpassen.“

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