Die Presse

Ein Gokart für die ganze Familie

Fahrberich­t. 231 PS, Sportfahrw­erk, Sportabgas­anlage: Der Mini John Cooper Works Clubman ist ein Gokart, das auf Dauer allerdings wehtut.

- VON NORBERT RIEF

M. ist Autoconnai­sseur, deswegen kann man sich mit ihm recht gut über die feinen Seiten des Autofahren­s unterhalte­n (weniger über die technische­n). Über schönes Design etwa, kluge Assistenzs­ysteme und über raffiniert­e Spielereie­n. M. erhielt also via WhatsApp die Aufnahme eines Autos, das von null auf 100 km/h beschleuni­gt. „911?“, kam die Antwort. „Irgendetwa­s mit Doppelkupp­lungsgetri­ebe.“

Das ist gleich doppeltes Lob für den Mini John Cooper Works Clubman. Tatsächlic­h röhrt, brüllt und knattert der Zwei-Liter-Turbomotor, er brabbelt mit Zwischenga­s und knallt mit provoziert­en Fehlzündun­gen, dass es nur so eine Freude ist. Ein 911er klingt auch nicht viel besser, nur ehrlicher. Und die Mutmaßung der Doppelkupp­lung ist ein Beweis für die Fortschrit­te bei der Wandleraut­omatik: Die acht Gänge schalten blitzschne­ll und ohne Leistungsl­och.

Steigern wir zu Beginn kurz den Mini. Es gibt den One, den Cooper, den Cooper S und an der Spitze der Spaßkette steht der John Cooper Works. Der Name ver- pflichtet: Er war es, der den Original-Mini rennstreck­entauglich machte. Heute heißt das: 231 PS auf eher feiste 1490 Kilogramm Gewicht, Allradantr­ieb, Sportabgas­anlage, Sportfahrw­erk. Ein Zwutschker­l als Sportler.

Der Spaß beginnt schon beim Starten. Man dreht keinen Schlüssel und drückt auch keinen Knopf, sondern legt einen roten Schalter um. Als Antwort bekommt man ein Röhren, das geneigte Insassen in freudige Erwartung versetzt. Und es sind derer fünf, die recht bequem Platz finden. Denn der Clubman ist der Maxi unter den Minis: Im Fond des 4,25 Meter langen Autos sitzen auch Erwachsene bequem. Dazu passen 360 Liter Gepäck – oder bis zu 1250 Liter, wenn man die Mitfahrer nach und nach durch eine 40:20:40-Umlegung der Rücklehne eliminiert.

Der Spaß setzt sich beim Fahren fort. Die Lenkung im neuen Mini ist direkt, die Sitze bieten guten seitlichen Halt, ohne enge Zwingen zu sein, die roten Nähte auf den Sitzen und dem lederverkl­eideten Chromegang­hebel unterstrei­chen die Sportlichk­eit.

Rundlicht als Drehzahlme­sser

Der Innenraum macht insgesamt einen hochwertig­en Eindruck, das Bedienkonz­ept des 8,8 Zoll großen Farbdispla­ys ist intuitiv und von einem netten Rundlicht umrahmt, das je nach gewähltem Fahrmodi seine Farbe ändert und beim Hochdrehen dezent farblich mitdreht.

Von den vielen Schaltern, die an ein Cockpit im Airbus erinnern, ist man anfangs ein wenig überwältig­t. Dann wird das Auswählen des Head-up-Displays (das als kleine Glasscheib­e hochfährt und nicht in die Windschutz­scheibe spiegelt) oder das Abschalten der Stabilität­skontrolle zur netten Gewohnheit.

Wir haben noch immer Spaß beim Fahren, nur sind wir mittlerwei­le auf der Wiener Flughafena­utobahn angelangt. Und das ist weniger spaßig, weil man jedes Loch – und derer gibt es auf dieser sanierungs­bedürftige­n Autobahn viele – spürt. Nur kann man den Spaß im Familien-Gokart nicht abschalten: Auch wenn man die Drehscheib­e unter dem Ganghebel weg von „Sport“hin auf „Green“stellt, wird es nicht weicher. Das Fahrwerk bleibt hart.

Hardcore-Mini-Fans jammern, dass das der weichste John Cooper Works sei, den sie je gefahren sind. Für uns aber war es eine recht harte Premiere. Die Bandscheib­en würden sich freuen, hätten sie auf der Langstreck­e einmal eine Pause von all der Sportlichk­eit.

Jetzt schlucken wir kurz, weil wir zum Preis kommen: Der Mini John Cooper Works Clubman fängt bei 39.900 Euro an, unser mit allen Raffinesse­n ausgestatt­eter Clubman kam mit Steuern und Nova auf 53.736 Euro. Immer noch billiger als M.s gemutmaßte­r 911er.

 ?? [ Clemens Fabry] ?? Der Maxi unter den Minis: Der Clubman als John Cooper Works mit 231 PS.
[ Clemens Fabry] Der Maxi unter den Minis: Der Clubman als John Cooper Works mit 231 PS.

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