Der unerfüllte Traum
Champions League. Paris SG ließ beim sportlichen Untergang in Barcelona Courage und Klasse vermissen, der Gewinn der Königsklasse bleibt trotz immenser Investitionen eine bloße Vision.
Barcelona/Wien. Fußball kann so schön und grausam zugleich sein, das Achtelfinalrückspiel in der Champions League zwischen dem FC Barcelona und Paris SG diente als Offenbarung. Das fulminante wie hochverdiente 4:0 aus dem Hinspiel ließ die Franzosen drei Wochen vom Aufstieg träumen und sprechen, Mittwochabend waren die Stimmen aber schlagartig verstummt. Wie ist es möglich, dass eine Mannschaft, die ihren Gegner eben erst noch derart dominiert hat, eine 180-Grad-Wende vollzieht und in den entscheidenden 95 Minuten vollends versagt?
Das historische 1:6 von Barcelona gibt dem stolzen Hauptstadtklub Rätsel auf, diese sportliche Hinrichtung schmerzt, verwundert und irritiert. PSG ist gespickt mit großartigen Fußballern, manche von ihnen, etwa Thiago Silva, Angel di Maria oder Edinson Cavani, tragen sogar das Prädikat Weltklasse. Paris stemmt nicht zuletzt aufgrund dieses Trios einen der teu- ersten Kader der Welt, die katarische Investorengruppe Qatar Sports Investments macht vieles möglich.
21 Millionen Euro ließ sich der Verein 2012 die Verpflichtung des schwedischen Starstürmers Zlatan Ibrahimovic´ kosten, das Jahressalär des extrovertierten Torgaranten soll sich auf stolze 15 Millionen Euro belaufen haben. Dass Ibrahimovic´ Paris im vergangenen Sommer nach vier Jahren ablösefrei gen Manchester verließ, war ein personell herber Verlust, aber längst kein monetärer Weltuntergang.
Die Folgen einer Demütigung
Der Euro rollt im Arrondissement Saint-Germain immer noch tüchtig, erst im Winter wurde Julian Draxler um 40 Millionen Euro aus Wolfsburg an die Seine gelotst. Mit der deutschen Neuverpflichtung glaubte man sich auch endgültig für den großen Coup in der Königsklasse gerüstet, ehe ein Betriebsausflug nach Barcelona plötzlich alles infrage stellte. „Das gesamte PSG-Projekt ist durch diese Demütigung gefährdet“, schrieb die französische „L’E´quipe“. Tatsächlich liegt nach diesem Spiel vieles im Argen, der katarische Klubchef, Nasser al-Khelaifi, wollte Coach Unai Emery unmittelbar nach Schlusspfiff nicht den Rücken stärken. „Ob Emery noch haltbar ist? Das ist nicht der Moment, um darüber zu sprechen.“Auch Emery – der 45-jährige Spanier hatte mit dem FC Sevilla zuletzt drei Mal in Folge die Europa League gewonnen – wirkte angeschlagen, er haderte: „In fünf Minuten haben wir alles verloren.“
Anstatt als Viertelfinalist euphorisch empfangen zu werden, machten rund 30 wütende und zum Teil vermummte Anhänger Donnerstagfrüh bei der Rückkehr des Teams auf dem Flughafen Le Bourget ihrem Ärger Luft. Thiago Motta – er kam in Barcelona verletzungsbedingt nicht zum Einsatz – fuhr einen der aufgebrachten Fans mit dem Auto an, dieser wurde laut Nachrichtenagentur AFP mit leichten Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht.
Und ewig lockt die Königsklasse
PSG, das in der heimischen Ligue 1 aktuell den fünften Meistertitel en suite anpeilt, lechzt nach dem blamablen Auftritt im Camp Nou also weiter nach der großen Erfolgsmeldung auf internationalem Parkett. Von 2013 bis 2016 war man stets im Viertelfinale der Champions League gescheitert, allerdings: Egal, ob unter Carlo Ancelotti oder Laurent Blanc, ob mit Ibrahimovic´ oder Cavani an vorderster Front – am Ende des Tages hagelte es Enttäuschungen. Ist der tragische Abend von Barcelona aber erst einmal verdaut, wird über mögliche Sommertransfers spekuliert werden. Ganz gewiss.
Ob Emery noch haltbar ist? Das ist nicht der Moment, um darüber zu sprechen. Nasser al-Khelaifi, PSG-Präsident