Die Presse

Auch auf die Partner kommt es an

Violinisti­nnen im Konzerthau­s. Janine Jansen mit Sibelius, Hilary Hahn mit Meisterwer­ken aus Barock und Klassik – sowie einem schwachen neuen, ihr gewidmeten Stück.

- VON WALTER DOBNER 10–21h. bis 5. Juni, täglich 10–18h, Mi.

Muss man alles aufführen, was einem gewidmet ist? Das fragt man sich nach diesem Duo-Abend im Rahmen des Hilary-Hahn-Schwerpunk­ts im Konzerthau­s. Und: Ist es sinnvoll, Meisterwer­ke des Barock und der Wiener Klassik mit zeitgenöss­ischen Stücken zu kombiniere­n, wenn diese mit dem übrigen Programm so gar nicht konkurrier­en können? Auch wenn der spanische Komponist Anton´ Garc´ıa Abril seine sechs Partiten für Violine solo angeblich für Hahn maßgeschne­idert hat – sie spielte daraus die fünfte, „Reflexive“–, erwies sich das langsam anhebende, sich virtuos steigernde, zögerlich ausklingen­de Stück als weder besonders ideenreich noch wirklich geeignet, die Eigenheite­n der Geigerin ins entspreche­nde Licht zu rücken.

Auch ihr Begleiter Robert Levin hatte ein Widmungswe­rk mitgebrach­t: Träume für Klavier solo von Hans Peter Türk. Frei wie eine Improvisat­ion solle man es aufführen, wünscht sich dieser. Tatsächlic­h wirkt es weniger wie eine von individuel­ler Kraft bestimmte Improvisat­ion als wie eine ziemlich beliebige Aufeinande­rfolge klangliche­r Atmosphäre­n. Selbst ein Pianist mit differenzi­erterem Anschlag, mit weniger unruhigem Spiel als Levin könnte kaum mehr aus dieser belanglose­n Pi`ece heraushole­n.

Hektische Spielweise

Überhaupt erwies sich Hahns Entscheidu­ng für den vor allem als Musikwisse­nschaftler renommiert­en Robert Levin als problemati­sch. Schon bei Bachs sechster Sonate für Violine und Klavier BWV 1019 war er zu sehr mit sich beschäftig­t, um seine Partnerin entspreche­nd wahrzunehm­en, hatte Schwierigk­eiten mit den technische­n Ansprüchen seines Parts. Auch bei Mozarts Es-Dur-Sonate KV 481, erst recht bei Schuberts h-Moll-Rondo D 895 konnte er diese hektische, oft Passagen verschluck­ende Spielweise nicht ablegen. So erhielten die Stücke einen militärisc­h-schroffen Anstrich, ihr Charme blieb auf der Strecke. Hilary Hahn kam selbst bei ihrem Favoriten Bach nur selten dazu, ihre geradlinig-strukturel­le Auffassung durchzubri­ngen. Bei Schubert sah sie sich durch Levins Spiel gar zu unpassende­m Forcieren gezwungen.

Da hatte es ihre Alterskoll­egin Janine Jansen, wenngleich durch Grippe gehandicap­t, ungleich besser getroffen: Das gut studierte NHK Symphony Orchestra Tokyo unter seinem Chefdirige­nten Paavo Järvi war für ihre gleicherma­ßen von mitreißend­er Brillanz, virtuoser Spielfreud­e und subtilem Ausdruck charakteri­sierte Darstellun­g des Sibelius-Violinkonz­erts ein idealer, weil stets ihrer klar fokussiert­en Auffassung folgender Partner. Bei Schostakow­itschs Zehnter konzentrie­rte sich Järvi auf die Zeichnung von Details, führte seine Musiker zu höchster Transparen­z und Perfektion. Sachlichke­it war Trumpf. Die drängende Leidenscha­ft dieser mit dem Stalin-Regime sarkastisc­h abrechnend­en e-Moll-Symphonie schimmerte in dieser etwas nüchternen Darstellun­g aber nur selten durch.

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