Ist Dopamin der Herr im Gehirn?
Neurowissenschaft. Beim Fällen von Entscheidungen ist Dopamin der zentrale Spieler. Fällt er aus, bei Morbus Parkinson etwa, kann selbst über Bewegungen nicht entschieden werden.
Wenn man die Wahl hat zwischen einem gesunden Apfel links und Schokolade rechts, dann tendiert man vielleicht zunächst nach links, überlegt es sich im letzten Moment aber anders, die Gefühle dabei sind zwiespältig, das Gewissen ist schlecht, die Freude auf den Genuss groß. Aber physisch ist es nichts anderes als ein schlichter Wechsel in der Bewegung bzw. eine Entscheidung dazu, eine von Tausenden von früh bis spät. Wer oder was in unserem Gehirn ist der Herr darüber?
Es ist Dopamin bzw. es sind die Zellen, die es freisetzen. Dopamin, ist das nicht der Neurotransmitter, dessen Mangel bei Morbus Parkinson mitspielt, der Krankheit, zu der auch Bewegungsstörungen gehören, die daher rühren, dass der Körper sich nicht entscheiden kann, wohin im nächsten Moment? Oder dass Entscheidungen zwar getroffen, aber nicht umgesetzt werden können? Wenn man einen Menschen mit diesem Leiden bittet, ein V zu zeichnen, dann gelingt der schräge Strich nach unten so gut wie der nach oben. Aber der Übergang vom einen in den anderen fällt schwer.
Um die Rolle des Dopamins im Detail zu klären, hat Xin Jin (La Jolla) Mäusen erst winzige Elektroden und Glasfaserkabel in die Gehirne implantiert und sie dann in eine Situation gebracht, in der sie entscheiden mussten, nach klaren Regeln: In der Mitte war ein transparenter Behälter mit einer Belohnung, rechts und links war je ein Hebel. Die verschwanden zu Beginn jedes Test- durchgangs, dann kamen sie wieder, entweder nach zwei oder nach acht Sekunden. Waren es zwei, brachte der linke die Belohnung, bei acht war es der rechte. Die Mäuse lernten rasch: Sie huschten zunächst nach links, und wenn die Hebel nicht gleich kamen, entschieden sie sich um.
Entscheidungen manipulieren
Beidem gingen erhöhte Aktivitäten von Dopamin voran, das konnte mit den Elektroden gemessen werden. Und mit dem Glasfaserkabel konnte es gemacht werden, es gehörte zur Optogenetik, mit der die Forscher die Genaktivitäten der dopaminfreisetzenden Zellen steuern konnten: Je nach Lichtsignal entschieden die Mäuse für links oder rechts (Neuron 9. 3.). „Wenn wir die richtige Dopamin-Dynamik wiederherstellen könnten, hätten Menschen eine bessere Kontrolle“, hofft Jin, und er meint nicht nur Parkinsonkranke, sondern auch andere, die die Kontrolle über ihr Handeln verloren haben, Drogensüchtige etwa.
Aber nicht immer sind die Regeln so klar, Umwelten sind unübersichtlich und ändern sich, entschieden werden muss doch. Dann zieht man Erinnerungen an ähnliche Situationen zurate und schaut, ob sie passen. Wieder sind die Dopamin-Neuronen zentrale Spieler, Adam Kepecs (Cold Spring Harbor) hat es auch an Versuchstieren gezeigt, an Affen. Die bekamen eine Belohnung, wenn sie richtig entschieden, ob Punkte auf einem PC-Schirm sich nach rechts oder links bewegen würden. Die Dopamin-Gehalte stiegen vor der Entscheidung – wenn die Erfahrung abgerufen wurde – und immer dann, wenn es Korrekturbedarf gab (Current Biology 9. 3.): „DopaminNeuronen vergleichen Vorhersagen mit Eingetretenem und alarmieren bei Diskrepanz andere Teile des Gehirns“, berichtet Kepecs: „Exakt das braucht man zum Lernen.“