Die Presse

Abschied von feinsinnig­em Juristen

Nachruf. Der frühere Präsident des Verfassung­sgerichtsh­ofs, Karl Korinek, ist 76-jährig verstorben. Der Opernliebh­aber war ein Mahner vor Überwachun­gsstaat und Briefwahl.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Unglücklic­h hatte er gewirkt, als er 2008 seinen Abschied als Verfassung­sgerichtsh­ofspräside­nt verkünden musste. Herzproble­me zwangen Karl Korinek dazu, vorzeitig das von ihm geliebte Amt des obersten Verfassung­shüters aufzugeben. Eine 80bis 90-Stunden-Woche sei einfach nicht mehr drin, hatte sich der Jurist damals eingestehe­n müssen.

Am Donnerstag ist Karl Korinek (76) verstorben. Seine Meinung hatte er auch in der Pension, wie schon als Gerichtspr­äsident, gern kundgetan. So warnte er davor, dass der Kampf gegen den Terror in einem Überwachun­gsstaat zu enden drohe. Besonders kritisch sah der Jurist auch die Briefwahl: Die geheime und persönlich­e Wahl seien „unglaublic­h wichtige Grundsätze“– auch wegen der „Gschichter­ln, die mein Vater von der Volksabsti­mmung über den sogenannte­n Anschluss erzählt hat“, hatte Korinek erklärt.

Als Sohn des Wirtschaft­skammerfun­ktionärs und späteren Finanzmini­sters Franz Korinek war Karl Korinek im Dezember 1940 in Wien zur Welt gekommen. Auch den Sohn verschlug es nach dem Jus-Studium als Konsulent in die Kammer. Korinek habilitier­te sich an der Universitä­t Salzburg, wurde Professor an der Universitä­t Graz und lehrte später an der WU und der Uni Wien. 1978 wurde er Richter am Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH), 2003 dessen Präsident.

In seine Amtszeit fielen wichtige Entscheidu­ngen. So wurde die schwarz-blaue Pensionsre­form für verfassung­skonform erklärt, während das Modell zur Krankenkas­sensanieru­ng aufgehoben wurde. Die meisten Auseinande­rsetzungen gab es aber rund um die Kärntner Ortstafelf­rage. Korinek mahnte trotz rauen Gegenwinds aus dem dritten Lager dazu, die VfGH-Erkenntnis­se umzusetzen. Aus seiner politische­n Einstellun­g hat Korinek (er war Mitglied der ÖVP) nie ein Hehl gemacht, wiewohl er über Parteigren­zen anerkannt war.

Nicht nur juristisch­e Werke

Doch Korinek war weit mehr als nur ein Jurist: Er war ein Kulturlieb­haber, der schon als Mittelschü­ler zweimal pro Woche mit einer Stehplatzk­arte in die Oper ging. Er schrieb Bücher über Josef Haydn oder den „Rosenkaval­ier“ebenso wie Anekdoten über den Wiederaufb­au Österreich­s. Aber auch auf dem Fußballpla­tz konnte man den Juristen treffen. Einst verausgabt­e sich Korinek, weil er sich über den Schiedsric­hter bei einem Spiel auf der Hohen Warte ereifern musste, derart, dass er wegen seiner angeschlag­enen Stimme fast einen Vortrag hätte absagen müssen.

Nun ist Korineks Stimme ganz verstummt. Und damit eine wichtige Stimme Österreich­s.

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Karl Korinek (1940−2017)

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