Die Presse

„Warum sollte ich mich unter Wert verkaufen?“

Bundesliga. Austrias Alexander Grünwald, 27, hat sich im Winter gegen das große Geld entschiede­n und hofft auf einen Anruf des Teamchefs.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Die Presse: Nach einer starken Hinrunde haben Sie im Winter das Interesse ausländisc­her Klubs geweckt, vom türkischen Erstligist­en Rizespor lag Ihnen ein Vertragsan­gebot vor. Warum haben Sie nicht unterschri­eben? Alexander Grünwald: Der Reiz des Auslands war unbestritt­en groß. Am Ende des Tages bin ich allerdings zu dem Entschluss gekommen, dass Geld nicht alles ist, wenngleich ich in der Türkei um einiges mehr hätte verdienen können. Die Austria aber hat mir einen für österreich­ische Verhältnis­se sehr guten Vertrag angeboten, außerdem fühle ich mich hier sehr wertgeschä­tzt und wohl.

Und wenn nicht die Türkei, sondern Deutschlan­d oder England gelockt hätten? Dann wäre es vielleicht etwas anderes gewesen. Als kleiner Junge habe ich immer davon geträumt, in der deutschen Bundesliga oder der Premier League zu spielen, diese Möglichkei­t hat sich in meiner Karriere allerdings nie ergeben. Natürlich hat auch die politische Lage in der Türkei Einfluss auf meine Entscheidu­ng gehabt. Wenn ich noch zwei, drei gute Saisonen spiele, tut sich womöglich nochmals eine Tür auf. Vielleicht war das aber auch meine letzte Chance aufs Ausland.

Weil Sie sich langfristi­g bis 2021 an die Austria gebunden haben. Ich wollte langfristi­g unterschre­iben, weil ich ein gebranntes Kind bin, drei Kreuzbandr­isse hinter mir habe. Ich weiß, dass es mit dem Fußball sehr schnell vorbei sein kann. Das letzte Mal habe ich mir 2013 das Kreuzband gerissen, ich bin für die komplette Champions-League-Gruppenpha­se ausgefalle­n – eine brutale Erfahrung.

Mit sieben Toren und sechs Vorlagen sind Sie in dieser Saison der Topscorer Ihrer Mannschaft. Fühlen Sie sich gegenwärti­g am Höhepunkt Ihres Schaffens? Ich konnte mich zumindest ein bisschen ins Rampenlich­t spielen, fühle mich körperlich gut und habe vor allem weitaus mehr Erfahrung als früher. Ich konnte es als junger Spieler selbst nie glauben, aber Erfahrung ist ein wesent- licher Baustein. Ich bin heute viel abgeklärte­r, weiß, wie ich mich wohin bewegen muss, um dem Endzweck, dem Toreschieß­en, näherzukom­men.

Sie haben von der U18 bis zur U21 sämtliche Nachwuchsa­uswahlen des ÖFB durchlaufe­n, mit einem A-Team-Einsatz hat es aber nie geklappt. Glauben Sie noch ernsthaft daran? Gänzlich verschwund­en ist dieser Gedanke aus meinem Kopf noch nicht. Je älter ich werde, desto intensiver beschäftig­e ich mich wieder damit. Als ich mit der Austria 2013 Meister geworden bin, hätten es sich Alex Gorgon und ich verdient gehabt, aber wir wurden nicht einberufen. Es gab nie Kontakt mit dem Teamchef. Natürlich haben wir viele gute Legionäre in der Nationalma­nnschaft, aber ich traue mir schon zu, dem Team helfen zu können. Würde ich zum Beispiel in der WM-Qualifikat­ion gegen Moldau 20 Minuten vor Schluss eingewechs­elt werden, warum sollte ich nicht ein Tor schießen oder einen Assist liefern können? Ich war immer zurückhalt­end, was das Thema Nationalte­am betrifft, aber ich weiß auch, dass ich meine Qualitäten habe. Entweder man sieht sie oder eben nicht. Aber warum sollte ich mich unter Wert verkaufen?

Nach dem Abgang von Jonatan Soriano gen China sucht die österreich­ische Bundesliga ein neues Aushängesc­hild. Stellen Sie an sich selbst den Anspruch, der beste Fußballer der Liga zu sein? Natürlich wäre ich das gern, aber ich glaube, da bewegen sich viele auf dem gleichen Level. Soriano war unbestritt­en der Beste, er hat die Liga attraktive­r gemacht, aber ich sehe das Ganze natürlich als Austrianer. Sein Verlust ist eine große Schwächung für Salzburg. Ich glaube nicht, dass Salzburg ihn kurzfristi­g 1:1 ersetzen kann.

Ist Salzburg ohne Soriano aber mit acht Punkten Vorsprung noch einzuholen? Das wird sehr schwierig, acht Punkte sind schon ein Polster. Unser Ziel ist es, einen internatio­nalen Startplatz zu erobern. Wollen wir unserem Anspruch gerecht werden, müssen wir heute das Heimspiel gegen den WAC gewinnen. Wir sind klarer Favorit.

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[ FK Austria ] Torgefährl­ich: Alexander Grünwald ist der Topscorer der Wiener Austria.

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