„Warum sollte ich mich unter Wert verkaufen?“
Bundesliga. Austrias Alexander Grünwald, 27, hat sich im Winter gegen das große Geld entschieden und hofft auf einen Anruf des Teamchefs.
Die Presse: Nach einer starken Hinrunde haben Sie im Winter das Interesse ausländischer Klubs geweckt, vom türkischen Erstligisten Rizespor lag Ihnen ein Vertragsangebot vor. Warum haben Sie nicht unterschrieben? Alexander Grünwald: Der Reiz des Auslands war unbestritten groß. Am Ende des Tages bin ich allerdings zu dem Entschluss gekommen, dass Geld nicht alles ist, wenngleich ich in der Türkei um einiges mehr hätte verdienen können. Die Austria aber hat mir einen für österreichische Verhältnisse sehr guten Vertrag angeboten, außerdem fühle ich mich hier sehr wertgeschätzt und wohl.
Und wenn nicht die Türkei, sondern Deutschland oder England gelockt hätten? Dann wäre es vielleicht etwas anderes gewesen. Als kleiner Junge habe ich immer davon geträumt, in der deutschen Bundesliga oder der Premier League zu spielen, diese Möglichkeit hat sich in meiner Karriere allerdings nie ergeben. Natürlich hat auch die politische Lage in der Türkei Einfluss auf meine Entscheidung gehabt. Wenn ich noch zwei, drei gute Saisonen spiele, tut sich womöglich nochmals eine Tür auf. Vielleicht war das aber auch meine letzte Chance aufs Ausland.
Weil Sie sich langfristig bis 2021 an die Austria gebunden haben. Ich wollte langfristig unterschreiben, weil ich ein gebranntes Kind bin, drei Kreuzbandrisse hinter mir habe. Ich weiß, dass es mit dem Fußball sehr schnell vorbei sein kann. Das letzte Mal habe ich mir 2013 das Kreuzband gerissen, ich bin für die komplette Champions-League-Gruppenphase ausgefallen – eine brutale Erfahrung.
Mit sieben Toren und sechs Vorlagen sind Sie in dieser Saison der Topscorer Ihrer Mannschaft. Fühlen Sie sich gegenwärtig am Höhepunkt Ihres Schaffens? Ich konnte mich zumindest ein bisschen ins Rampenlicht spielen, fühle mich körperlich gut und habe vor allem weitaus mehr Erfahrung als früher. Ich konnte es als junger Spieler selbst nie glauben, aber Erfahrung ist ein wesent- licher Baustein. Ich bin heute viel abgeklärter, weiß, wie ich mich wohin bewegen muss, um dem Endzweck, dem Toreschießen, näherzukommen.
Sie haben von der U18 bis zur U21 sämtliche Nachwuchsauswahlen des ÖFB durchlaufen, mit einem A-Team-Einsatz hat es aber nie geklappt. Glauben Sie noch ernsthaft daran? Gänzlich verschwunden ist dieser Gedanke aus meinem Kopf noch nicht. Je älter ich werde, desto intensiver beschäftige ich mich wieder damit. Als ich mit der Austria 2013 Meister geworden bin, hätten es sich Alex Gorgon und ich verdient gehabt, aber wir wurden nicht einberufen. Es gab nie Kontakt mit dem Teamchef. Natürlich haben wir viele gute Legionäre in der Nationalmannschaft, aber ich traue mir schon zu, dem Team helfen zu können. Würde ich zum Beispiel in der WM-Qualifikation gegen Moldau 20 Minuten vor Schluss eingewechselt werden, warum sollte ich nicht ein Tor schießen oder einen Assist liefern können? Ich war immer zurückhaltend, was das Thema Nationalteam betrifft, aber ich weiß auch, dass ich meine Qualitäten habe. Entweder man sieht sie oder eben nicht. Aber warum sollte ich mich unter Wert verkaufen?
Nach dem Abgang von Jonatan Soriano gen China sucht die österreichische Bundesliga ein neues Aushängeschild. Stellen Sie an sich selbst den Anspruch, der beste Fußballer der Liga zu sein? Natürlich wäre ich das gern, aber ich glaube, da bewegen sich viele auf dem gleichen Level. Soriano war unbestritten der Beste, er hat die Liga attraktiver gemacht, aber ich sehe das Ganze natürlich als Austrianer. Sein Verlust ist eine große Schwächung für Salzburg. Ich glaube nicht, dass Salzburg ihn kurzfristig 1:1 ersetzen kann.
Ist Salzburg ohne Soriano aber mit acht Punkten Vorsprung noch einzuholen? Das wird sehr schwierig, acht Punkte sind schon ein Polster. Unser Ziel ist es, einen internationalen Startplatz zu erobern. Wollen wir unserem Anspruch gerecht werden, müssen wir heute das Heimspiel gegen den WAC gewinnen. Wir sind klarer Favorit.