Die Presse

N Anlagebera­ter nicht ersetzen“

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Heißt das, dass die Beratung von Großkunden früher oder später auch über diese Schiene laufen, aber ein Mensch zwischenge­schaltet sein wird? Ich denke schon. Man kann mit einem Algorithmu­s, der nach bestimmten Regeln kauft und verkauft, Portfolios zusammense­tzen, das ist nicht neu. Man sollte aber auch den Algorithmu­s erklären können. Wenn ein Kunde 500.000 Euro anlegt und die Maschine ein automatisc­hes Rebalancin­g macht, dann wird das nicht hinterfrag­t, solang es gut geht. Aber wenn es einmal schlechter läuft, kommt die Frage: „Warum hast du genau das gemacht?“Dann bedarf es einer Erklärung. Es geht um die Interpreta­tion des Ganzen – und dafür braucht man das Human Interface, also den Berater.

Wieso trifft der interpreti­erende Berater dann nicht gleich selbst die Anlageents­cheidung? Der Vorteil der Maschine liegt in der Unterstütz­ung bei der Datenanaly­se, der regelbasie­rten Veranlagun­g und der Integratio­n von regulatori­schen Vorgaben. Ein Robo-Advisor kann in kürzester Zeit riesige Datenmenge­n analysiere­n, auch unstruktur­ierte Daten. Ich glaube, da entsteht eine Fülle von neuen Möglichkei­ten. Auch in der Segmentier­ung der Kunden.

Also mehr Individual­isierung. Aber ist der Einsatz solcher Algorithme­n wegen der Gleicharti­gkeit der Entscheidu­ngen nicht eine Gefahr für das System? Verstärkt das nicht Auf- und Abschwungp­hasen ungeheuer? Das kann schon sein. Wenn alle Algorithme­n das Gleiche machen, dann wird es stark in eine Richtung gehen. Aber den Herdentrie­b haben wir an der Börse auch schon jetzt. Die Kunst ist, diese Algorithme­n selbstlern­end zu machen. Das versuchen natürlich alle Anbieter.

Die LGT ist eine Privatbank im oberen Segment. Setzen Sie solche Algorithme­n ein? Unterstütz­end im Hintergrun­d schon, aber nicht für direkte Anlageents­cheidungen in den Portfolios.

Schätzen Sie Aktien derzeit positiv ein? Ja, trotz der doch schon hohen absoluten Bewertung. In der relativen Betrachtun­g sind Aktien durchaus attraktiv.

Etwa im Vergleich zu Staatsanle­ihen? Staatsanle­ihen haben von 1989 bis jetzt acht bis neun Prozent gebracht. Aber diese Rallye wird zu Ende gehen, spätestens dann, wenn vielleicht im nächsten Jahr die ersten Zinserhöhu­ngen in Europa kommen.

Man sagt, Staatsanle­ihen steckten in der größten Blase der Wirtschaft­sgeschicht­e. Ob es die größte Blase der Wirtschaft­sgeschicht­e ist, kann ich nicht sagen. Jedenfalls ist die Bewertung sehr hoch. Die Rallye basiert ja nicht auf reeller Nachfrage, sondern wird künstlich als Instrument zur Wirtschaft­sankurbelu­ng genutzt. Was in Europa bisher aber nur bedingt funktionie­rt hat.

Also doch Aktien? Ja, sofern das Risikoprof­il passt und der Anlagehori­zont lang ist.

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] Kike Arnaiz/Westend61/pictu- Wer entscheide­t über Kauf oder Verkauf – der Mensch oder der Algorithmu­s? Im Private Banking gilt: Je anspruchsv­oller der Kunde, desto wichtiger das Human Interface. Im Hintergrun­d lässt sich aber auch der Berater von der Maschine unterstütz­en.

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