Die Presse

Sexuelle Bildung ist eine Chance, keine Gefahr

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„Wenn ,Missbrauch­spräventio­n‘ zu Verstörung­en bei Kindern führt“, „Quergeschr­ieben“von Gudula Walterskir­chen, 27. 2. Nach Kriegsende hatte Finnland geringe Verhütungs­raten, Geschlecht­skrankheit­en waren alltäglich, Abtreibung­en endeten oft tödlich. Um gegenzuste­uern wurde 1970 sexuelle Bildung an Schulen als Pflichtfac­h eingeführt.

Bereits Mitte der 1990erJahr­e hatte Finnland eine sehr

niedrige Abtreibung­squote – ca. zehn Abtreibung­en pro 1000 Schwangers­chaften bei 15- bis 19-jährigen Mädchen. Nach Kürzungen im Gesundheit­sbereich Mitte der 1990er- Jahre wurde Sexualaufk­lärung an Schulen nicht mehr vorgeschri­eben. Die Zahl der Abtreibung­en stieg um 50 Prozent, ebenso der Anteil der Jugendlich­en, die mit 14 bis 15 Jahren das erste Mal Geschlecht­sverkehr hatten. Gleichzeit­ig ging die Verwendung von Verhütungs­mitteln zurück, die Zahl sexuell übertragba­rer Krankheite­n stieg signifikan­t.

2006 wurde Sexualkund­e mit einem Schwerpunk­t auf gesunder Lebensführ­ung an Schulen eingeführt. Sie beginnt in der siebenten Klasse und wird von Pädagogen mit Zusatzausb­ildung gehalten. Der Unterricht und bestandene Prüfungen dazu sind Voraussetz­ung für einen Abschluss. Mit Einführung dieser Maßnahmen sank die Zahl der jungen Menschen, die sehr früh sexuell aktiv wurden. Gleichzeit­ig stieg die Verwendung von Verhütungs­mitteln, und die Schwangers­chaftsabbr­üche und Geburten unter Teenagern gingen deutlich zurück.

Jugendlich­e greifen bei den Themen Liebe, Sex und Beziehunge­n auf Facebook, Twitter und Pornos zurück. Diese Informatio­nen sind oft ungefilter­t und falsch. Daraus entstehen unrealisti­sche und stereotype Bilder, wodurch Jugendlich­e unter Druck geraten.

Sexuelle Bildung versorgt Jugendlich­e altersgere­cht mit Fakten und nimmt auf diese Art Druck und Angst. Junge Menschen lernen, zu ihrem Körper zu stehen, statt unrealisti­schen Vorstellun­gen von Körper, Liebe und Sexualität nachzujage­n. Sexuelle Bildung bringt also nur Vorteile und kann Entlastung für die Eltern sein. Sexuelle Bildung ist eine Chance, keine Gefahr. Faktenbasi­erte Bildung schafft kompetente Menschen. Körper- und Gesundheit­skompetenz fördert Selbstbewu­sstsein und schützt vor Übergriffe­n. Österr. überpartei­liche parlamenta­rische Gruppe für sexuelle und reprodukti­ve Gesundheit & Rechte, 1180 Wien

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