Die letzte Ausfahrt ins Paradies – noch bevor die Welt untergeht
Neuseeland ist zurzeit der heißeste Tipp für die Flucht vor Krieg und Chaos. 13.401 US-Bürger haben in der ersten Woche nach Trumps Wahl um Aufenthalt angesucht.
Ein einsamer Strand, kilometerlang. Die Brandung tost. Seit fünf Stunden keine Menschenseele. Plötzlich taucht ein Mann auf, bleibt stehen. „Das hier ist das Ende der Welt, nicht wahr?“Er geht weiter. Grußlos.
An das Ende der Welt denken auch immer mehr US-Milliardäre der IT- und Finanzwelt. Auffallend viele erwerben in Neuseeland Grund und Boden. Doppeldeutiger geht es nicht. Sie schaffen sich luxuriöse Verstecke am Ende der Welt. Dort wollen sie überleben, sollte die Welt zu Ende gehen. Und nicht nur die Superreichen. Die Anträge auf Aufenthalt haben sich in letzter Zeit vervielfacht. Allein in der ersten Woche nach dem Machtwechsel in Washington zu Donald Trump haben 13.401 US-Bürger angesucht.
Wie das US-Magazin „The New Yorker“kürzlich beschrieben hat, ist „New Zealand“ein Codewort für die Flucht vor Trump, Chaos, Anarchie, dem IS, wirtschaftlichen Katastrophen, dem Zusammenbruch der Institutionen, vor allem aber vor einem Kampf Arm gegen Reich. Just jene Milliardäre, die ihren Reichtum dank Globalisierung angehäuft haben, wollen sich auf den abgelegenen Inseln zwischen Pazifik und Indischem Ozean vor den Folgen verstecken. Oder, wie es in einem Zeitungsbericht hieß: Sie flüchten vor den Problemen, die sie selbst geschaffen haben.
„Besitz in Neuseeland“heißt laut zahlreichen Medienberichten auch in Neuseeland selbst: eine Versicherung gegen den Weltuntergang abzuschließen. Wer sich hier millionenteure Farmen, luxuriöse Anwesen leisten oder Hotelanlagen und Golfplätze bauen kann, der glaubt, das letzte Schlupfloch ins Paradies, den letzten sicheren Ort, das „letzte Rettungsboot am Ende der Welt“gefunden zu haben.
Tatsächlich bieten die Inseln einen idealen Zufluchtsort für „Preppers“. Das sind Menschen, die sich auf Überleben bei Katastrophen aller Art vorbereiten. Ihnen bieten die verlassenen Gegenden vor allem auf der landschaftlich spektakulären, aber bevölkerungsarmen Südin- sel alles: Mit Privatjets im Notfall leicht erreichbar, Tausende Kilometer weit weg von allen Krisenherden, kein Zielland für einen atomaren Angriff, autark in der Versorgung, hoch entwickelt mit hohem Lebensstandard, sauberer Umwelt.
Bevor das eintritt, was die Amerikaner jetzt schon mit dem Kürzel WTSHTF umschreiben – „When the shit hits the fan“– wenn also „die Kacke am Dampfen ist“, kommen potenzielle Trump-, Klima-, Dritte-Weltkriegs- und AnarchieFlüchtlinge in den Genuss etlicher Vorzüge eines Einwanderungslandes: einfache Gesetze für den Erwerb von Besitz, genaue Regeln für Aufenthalt und Staatsbürgerschaft (mit Ausnahmen), viele Anreize und noch mehr Hilfe bei der Ansiedlung und, wie die Welt seit den Panama-Papers weiß, Steuervorteile. Peter Thiel, IT-Tycoon und Trump-Freund, wusste sie zu nutzen: Er erwarb die Staatsbürgerschaft ohne Anwesenheitspflicht. Kostenpunkt: sieben Millionen Dollar Investition. „Sehr umstritten“, könnte Trump twittern.
Der Run auf Neuseeland führt bereits zu heftigen Debatten im Land. Immobilienmakler und Vertreter der Bauindustrie loben das hereinströmende Geld und die Schaffung vieler Arbeitsplätze; andere fürchten einen Ausverkauf des Paradieses. Ackerland werde zu weit überhöhten Preisen an Untergangsvorbereiter verkauft, Neuseeländer würden vom Markt verdrängt werden. Andere wiederum befürchten, die Anwesenheit der Superreichen werde die egalitäre Gesellschaft verändern. Die Verstimmung steigt, Widerstand wächst. Schon hat sich eine „Kampagne gegen ausländische Kontrolle“formiert.
Wie lang wird es dauern, bis der Ruf erschallt: „Wir wollen unser Land zurück!“Noch sind alle in Neuseeland glücklich über den explodierenden Tourismus als stärksten Wirtschaftszweig. Noch wirbt die Regierung um ausländische Arbeitskräfte und bietet Freiflüge an. Anmeldeschluss 20. März.