Präsidentin ihres Amts enthoben
Südkorea. Der Skandal um Park Geun Hye legt die Verstrickungen zwischen der Politik und Großfirmen wie Samsung offen.
Südkorea. Drei Monate nach ihrer vorläufigen Entmachtung durch das Parlament wegen eines Korruptionsskandals ist Südkoreas Präsidentin, Park Geun-hye, durch das Verfassungsgericht ihres Amtes enthoben worden. Für die einstimmige Entscheidung der Richter war auch ausschlaggebend, dass sich Parks langjährige Freundin, Choi Soon-sil, in die Regierungsgeschäfte einmischen und ihren Einfluss auf die Präsidentin zu ihrem eigenen Vorteil nutzen konnte.
Peking/Seoul. Schon einmal musste Park Geun Hye das „Blaue Haus“– Südkoreas Präsidentenpalast – verlassen. 1979 war das. Ihr Vater, Park Chung Hee, der damals mit harter Hand über das Land herrschte, wurde von seinem Geheimdienstchef erschossen. Aus Furcht, dass auch ihr nach dem Leben getrachtet wird, tauchte die damals 27-jährige Tochter des Diktators für einige Monate unter. Jetzt muss sie erneut aus dem südkoreanischen Präsidentensitz ausziehen. Dieses Mal wegen eigener krimineller Machenschaften.
Zum ersten Mal seit Ende der Diktatur vor fast 30 Jahren wird in Südkorea das Staatsoberhaupt des Amtes enthoben. Das oberste Gericht entschied am Freitag, dass Park Geun Hye „dem Geist der Demokratie und dem Rechtsstaat ernsthaften Schaden“zugefügt habe. Ihre Immunität wird aufgehoben. Einem Strafverfahren wegen Bestechung, Erpressung und Machtmissbrauch steht nun nichts mehr im Weg. Der Beschluss der acht Verfassungsrichter fiel einstimmig.
Die Richter sehen es als erwiesen an, dass sich ihre Freundin Choi Soon Sil ohne öffentliches Amt in die Regierungsgeschäfte eingemischt hat. Park habe diese illegale Einflussnahme zugelassen. Choi sitzt wegen Korruptionsverdacht seit mehr als einem halben Jahr in Untersuchungshaft. Die Richter erklärten, sie hofften, dass durch dieses Urteil das „politische Chaos“ein Ende findet. Nun müssen in Südkorea innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden.
Tote bei Protesten
Kurz nachdem das Urteil verkündet worden war, kam es vor dem Verfassungsgericht zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Hunderte von zumeist älteren Park-Unterstützern protestierten gegen die Entscheidung. Als einige versuchten, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen, setzte die Polizei Schlagstöcke ein. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben. Ein älterer Mann erlag später im Kran- kenhaus seinen Kopfverletzungen.
Dass Park vor allem ältere Menschen zu ihren Anhängern zählt, ist kein Zufall. Sie ist die Tochter des früheren Militärdiktators, der trotz diverser Gräueltaten bis heute von der alten Generation verehrt wird. Unter seiner Herrschaft schaffte es Südkorea von einem Armenhaus zu einem der reichsten Länder Ostasiens. Dieses Wirtschaftswunder hat er wiederum nicht zuletzt den Chaebols zu verdanken – riesigen Mischkonzernen, die zumeist streng hierarchisch von mächtigen Familienclans geführt werden. Die größten zehn vereinen bis heute 80 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes.
Die meisten Chaebols gingen einen fragwürdigen Pakt mit dem Diktator ein. Er ließ Gewerkschaften unterdrücken und verhalf den Konzernen zu lukrativen Aufträgen. Sie wiederum machten ihn und sein unmittelbares Umfeld reich. Zu den größten Profiteuren des Diktatorumfelds gehörte die Familie von Parks Freundin Choi. Nun ist der Anklage zufolge Choi das Scharnier zwischen der Präsidentin und den Chaebols.
Besonders tief in den Skandal verstrickt ist auch das größte Firmenkonglomerat des Landes, Samsung. Der Chef der Konzerngruppe und Enkel des SamsungGründers, Jay Y. Lee, muss seit drei Wochen in einer sieben Quadratmeter großen Zelle ausharren und wartet auf ein Urteil. Er soll umgerechnet über 30 Millionen Euro an die Scheinstiftung von Choi überwiesen haben, nachdem er dreimal von der Präsidentin empfangen worden war und sie wiederum wenig später veranlasste, eine umstrittene Fusion zweier SamsungTochterunternehmen zu genehmigen. Bei einem Schuldspruch drohen dem 48-jährigen SamsungChef fünf Jahre Haft.
„Korrupte Verbindung“
Umso mehr feiern die Park-Gegner nun den Richterspruch. Nachdem die Vorwürfe im vergangenen September bekannt geworden waren, gingen die Gegner der Präsidentin über Wochen hinweg zu Hunderttausenden auf die Straße. Viele von ihnen setzen nun auf den linken Oppositionsführer Moon Jae In. Er erklärte auch sogleich seine Kandidatur und versprach ein Ende der „korrupten Verbindungen zwischen Politik und Wirtschaft“.
Das hatten allerdings auch schon Präsidentschaftskandidaten vor ihm getan und damit sogar Wahlen gewonnen. Die Macht der Chaebols blieb dennoch all die Zeit ungebrochen.