Wie lässt sich der Lärm in einem Großraumbüro reduzieren?
Wer wirklich für Ruhe sorgen möchte, braucht ein Konzept. Ein solches hilft übrigens auch in Kindergärten beim gegenseitigen Verstehen.
Einer kommt, ruft „Hallo“, fünf grüßen zurück. Die anderen 50 wollen das eigentlich gar nicht hören, sondern konzentriert weiterarbeiten. Doch mehrere Telefone läuten, da und dort besprechen sich Kollegen. Andere tragen Kopfhörer, die sie vor Schall schützen sollen. Die Rede ist nicht von einer Baustelle, sondern einem Großraumbüro mit ungenügendem Schallschutz.
„Der Schallpegel in einem Großraumbüro entsteht zunächst durch die Nutzer selbst“, sagt Heinz Ferk, Leiter des Labors für Bauphysik der TU Graz. Aber auch Besucher oder etwa eine Lüftung trügen zum Lärm bei. Bis 40 Dezibel (dB) gelten Störungen noch als erträglich, darüber kann es die Konzentration stören. „Rund 60 dB gelten als normale Gesprächslautstärke“, er- klärt Ferk. Das entspricht in etwa einem langsam vorbeifahrenden Auto. Der sogenannte Lombard-Effekt setzt oft noch einen Teufelskreis in Gang: Weil es laut ist, sprechen die Leute noch lauter, der Pegel steigt weiter an.
Für die Betroffenen zählt freilich in erster Linie, wie sich dieser mindern lässt. „Es braucht ein Konzept mit gezielten Maßnahmen, um Schall abzuschirmen und zu absorbieren“, sagt Ferk. Denn es hängt einerseits davon ab, wie man beisammen sitzt, andererseits aber auch von den im Raum verwendeten Materialien.
Das Kanzeldach lenkte den Schall
Schallharte Flächen, etwa Glas, Gipskarton, Mauern oder glatte Holzflächen reflektieren Schall, die Energie bleibt lange erhalten, der Pegel hoch. Entscheidend ist es, absorbierende Flächen einzuplanen, etwa als Stellwände oder an Möbeln und Wänden. Teppiche helfen. Bei Vorhängen hängt es vom Material ab, wie gut sie Schall schlucken: Je dicker sie sind, desto tiefere Frequenzen lassen sich absorbieren. Lösung seien sie allerdings keine, man wolle sie ja bei Tageslicht nicht zuziehen, gibt Ferk zu bedenken. Entscheidend sei, die sogenannte Nachhallzeit zu reduzieren: Das ist die Zeit, bis der Pegel sich um 60 dB absenkt. Vor allem in größeren Räumen wird Schall aber häufig reflektiert, es hallt. In Kirchen wusste man sich einst zu helfen: Der Pfarrer sprach von der Kanzel herunter zu den Menschen, das Dach über ihm lenkte den Schall in Richtung der Gläubigen.
Auch in Großraumbüros ist der Plafond besonders wichtig. Dort nehmen etwa sogenannte Lochdecken, harte Flächen mit Löchern, den Schall auf. Die dahinter angebrachten Mineralfasern, Vliese oder Schaumstoffe erwärmen sich, weil die Energie umgewandelt wird. Solche Vorrichtungen gibt es auch mit Schlitzen, man kann sie genauso an Wänden befestigen. Ausgeklügelter funktionieren Helmholtz- oder Plattenresonatoren. Mit diesen lassen sich bestimmte Frequenzbereiche gezielt absorbieren. Sinnvoll sei aber auch, einzelne Tätigkeiten voneinander zu trennen: etwa Kabinen anzubieten, in denen sich die Angestellten für Telefonate oder konzentrierte Arbeiten zurückziehen können.
Mit seiner Forschung will Ferk Architekten Werkzeuge für die Raumgestaltung bieten: Schallwellen beugen sich an Ecken und Kanten anders und werden dort teilweise absorbiert, das soll sich für die Praxis nutzen lassen. Aktuell forscht der Bauingenieur auch in Kindergärten: Weil es dort immer mehr Fremdsprachige gibt, sei es hier wichtiger geworden, für Ruhe zu sorgen. Denn das helfe den Kindern, besser zuhören und so die neue Sprache besser verstehen zu können.
„Es braucht gezielte Maßnahmen, um Schall abzuschirmen und zu absorbieren.“ Heinz Ferk, Bauphysiker