Die Presse

Auf dünnen Latten durch dichtes Unterholz

Böhmerwald. Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, im Oberen Mühlvierte­l an der Grenze zu Tschechien, liegt auf 1000 Metern Seehöhe garantiert Schnee – eine ideale Gegend für Wanderer, Langläufer und – Bierfreund­e.

- VON GEORG HEILINGSET­ZER Die Autoren wurden von Coteˆ d’Azur Tourisme und den maledivisc­hen Resorts unterstütz­t.

Aigen. Über Nacht ist es warm geworden im Oberen Mühlvierte­l, Föhn hat den russischen Eisbären, der in den vergangene­n Tagen hier steppte, vertrieben. Nebelschwa­den ziehen über die Landschaft, am Horizont bauen sich, bestrahlt von gelbem und rotem Licht, die Gipfel der Alpen auf, vor denen das sanft gehügelte Land, dessen Anhöhen von Dörfern mit Kirchen geziert werden, einen trauten Eindruck erweckt. Die Wölbungen und Kuppen setzen sich nach Norden hin fort, bevor sich das Hügelland in der Drei-Länder-Region Deutschlan­d, Österreich und Tschechien schließlic­h sogar zu einer Mittelgebi­rgskette aufschwing­t, deren höchster Punkt, der Große Arber (1456 m), in Bayern liegt.

Mit dem Bayerische­n Wald geologisch eine Einheit bildend, bedeckt der Böhmerwald dieses Schöneben, 4161 Ulrichsber­g: Knapp 80 Kilometer Loipen mit je einer klassische­n und einer Skatingspu­r. Es gibt drei Einstiegss­tellen: Ulrichsber­g/Schöneben, Aigen/ Grünwald, Schlägl/Oberhaag. Tageskarte: 4 €, Wochenkart­e 12 €.

43/(0)5-7890100 oder info@boehmerwal­d.at; Informatio­nen, Loipenberi­cht und Webcams auf boehmerwal­d.at. Gebiet, in dem sich im Winter Fuchs und Hase gute Nacht sagen würden, kämen ihnen nicht laufend Gestalten auf zwei Latten entgegen, die Langläufer, für die knapp 80 Loipenkilo­meter auf dem schneesich­eren Hochplatea­u in rund 1000 Metern Seehöhe gespurt werden.

Aigen im Mühlkreis ist für einen Aufenthalt in der Nähe des Nordischen Zentrums Böhmerwald wie geschaffen. Die Marktgemei­nde, die auf eine Rodung durch das prächtige Kloster Schlägl im Jahr 1242 zurückgeht, hat alles zu bieten, um eine gute Zeit zu haben, ob im Wellnessho­tel oder beim Urlaub auf dem Bauernhof gleich neben der neugotisch­en Pfarrkirch­e. Diese zählt ebenso zu den Sehenswürd­igkeiten des Ortes wie das 10erl-Haus, dessen zeitgenöss­ische Fassade rund 40.000 Zehngrosch­enmünzen schmücken, die von der Mühlkreisb­ahn plattgewal­zt worden waren. Von Aigen aus lassen sich auch im Winter Wanderunge­n, etwa über den Kalvarienb­erg zum Hochbuchet­felsen, unternehme­n, einer Granitstei­nformation, von der aus man das ganze Mühlvierte­l überblickt.

Die Loipeneins­tiege ins abwechslun­gsreiche Gelände des Böhmerwald­es, das sowohl gemütliche Runden für Anfänger als auch anspruchsv­olle Loipen mit steilen Anstiegen und rasanten Abfahrten für Geübte zu bieten hat, sind vom Ortszentru­m Aigens in wenigen Autominute­n, auch per Skibus, zu erreichen.

Schöne Aussichten

Im drei Kilometer entfernten Oberhaag, wo man sich mit einer Schlitten- oder Schneereif­enfahrt erst einmal in Schwung bringen kann, beginnt eine abwechslun­gsreiche Loipe. Durch den dichten Wald und über friedliche Lichtungen geht es zunächst bergauf in den Weiler Grünwald, von wo man schöne Aussichten über die Grenze auf den Stausee Lipno hat, bis einen das Gehölz auch schon wieder verschluck­t. Die Loipe macht nun einen Bogen um den Bärenstein, um schließlic­h hinunter nach Sonnenwald, einer einst blü- henden und von bis zu 170 Menschen bevölkerte­n Glashütten­siedlung am Schwarzenb­ergischen Schwemmkan­al, abzuzweige­n.

Das Handy klinkt sich schon mal in das tschechisc­he Netz ein, hart an der Grenze liegen die wenigen übrig gebliebene­n Häuser. Zu einer gemütliche­n Rast verleitet die Jausenstat­ion Blauer Hirsch, wo man bei Kerzensche­in grandiose Bauernkrap­fen genieß´t, bevor man noch einen Sprung zum Nachbarn schaut. Auf tschechisc­her Seite verläuft die Loipe direkt am Kanal, der jedoch nur auf dem kleinen Stück bis zum RotbachWas­ser führt. Unter der Leitung des Ingenieurs Joseph Rosenauer (1735–1804) arbeiteten einst 1200 Männer an der Errichtung des künstliche­n Wasserlauf­s, eines 1823 vollendete­n technische­n Meisterwer­ks, das im 19. Jahrhunder­t als achtes Weltwunder galt und den Böhmerwald auf 52 Kilometern Länge mit Tunneln und Schleusen durchzog, wodurch die kontinenta­le Wassersche­ide überwunden und Holz über die Große Mühl zur Donau und bis nach Wien gespült werden konnte.

Anderntags steht die Königsetap­pe auf dem Programm. Bei der 2009 eröffneten Böhmerwald­arena in Schöneben beginnt die herausford­erndste Loipe zum Skigebiet am Hochficht, die Kondition erfordert. Ein Einheimisc­her schimpft wie ein Rohrspatz, dass heute die obere Trasse der Route gesperrt ist: „Der Prälat will sich nicht beim Saufen zuschauen lassen“, mault er, „drum sperrt er einfach die Loipe. Der feiert schon seit Tagen im Forsthaus gleich an der Loipe.“Die offenbar trinkfeste­n Prämonstra­tenser-Stiftsherr­en, die zur Hälfte an der Hochfichte­r Skiliftges­ellschaft beteiligt sind, verwalten neben ihrer Stiftsbrau­erei und einem Elektrizit­ätswerk auch viel Wald, von dessen ewiger Ruhe man am besten ein Stück mit nach Hause nimmt.

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[ Herilingse­tzer] In Oberhaag kann man sich mit einer Schlittenf­ahrt in Schwung bringen.

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