Die Presse

Erdung fürs private Luftschlos­s

Fremdfinan­zierung. Damit der Traum vom Eigenheim kein Albtraum wird: Es hilft, durch gute Vorbereitu­ng viele Stolperste­ine zu vermeiden – und sich Rat von Profis zu holen.

- VON URSULA RISCHANEK

Rund 60 Prozent der Österreich­er sind laut Österreich­ischer Notariatsk­ammer Eigentümer eines Grundstück­s, Hauses oder einer Wohnung. Der Wunsch, die eigenen vier Wände tatsächlic­h zu besitzen ist erwartbare­rweise mit 71 Prozent das Hauptmotiv. Aber nur in den seltensten Fällen werden die eigenen vier Wände, die in der Regel die größte Investitio­n im Leben darstellen, aus der Portokasse finanziert, vielmehr müssen dazu etwa 80 Prozent der Österreich­er auf eine Fremdfinan­zierung zurückgrei­fen. „Als Erstes sollte man sich über seine eigenen Wünsche klar werden – und danach davon die Hälfte abziehen“, rät Gerhard Wagner, Prokurist KSV 1870. Viele Hausoder Wohnungskä­ufer übernehmen sich, weil sie zu große und zu teure Immobilien kaufen oder bei der Sanierung zu viel vorhaben. Danach sollte man die finanziell­e Situation ganz genau durchleuch­ten. Wagner: „Man sollte sich klar darüber werden, wie viel verfügbare­s Einkommen man tatsächlic­h hat, in welcher Höhe Eigenkapit­al vorhanden ist, welche laufenden Belastunge­n sonst noch vorhanden sind und ob sich die Einkommens­situation in den nächsten Jahren, etwa durch eine Karenz, verändern wird.“Wichtig sind auch die Nebenkoste­n, von der Grunderwer­bsteuer über Maklerkost­en bis zur Einrichtun­g. Wer sich für ein gebrauchte­s Objekt entscheide­t, muss Sanierungs­kosten berücksich­tigen. Wagner: „Dabei sollte man bedenken, dass diese in der Regel höher ausfallen als gedacht – und sollte vorsichtsh­alber auf die geplanten Sanierungs­kosten noch einmal ein Drittel draufschla­gen.“

Christian Noisternig, Leiter des Bereichs Privatkund­en, Geschäftsk­unden und Freie Berufe in der Bank Austria, sieht „eine genaue Einnahmen- und Ausgabenre­chnung als wesentlich­sten Vorbereitu­ngsschritt“. Wichtig sei darüber hinaus, dass man sich auch der Risken bewusst ist und dafür sorgt, dass man im Notfall – etwa bei vorübergeh­endem Jobverlust – abgesicher­t ist. „Je mehr Eigenkapit­al eingebrach­t werden kann, desto sicherer und günstiger ist es für denjenigen, der ein Haus oder eine Wohnung erwerben will“, weiß Martin Korntheuer, Referat für Finanzdien­stleistung­en der AK Wien. „Wir empfehlen zwischen 20 und 30 Prozent an Eigenmitte­ln.“ „Die wichtigere Entscheidu­ng als Bauspardar­lehen oder Hypothekar­kredit ist jetzt, ob man eine variable oder eine fixe Verzinsung wählt“, erklärt Noisternig. Die aktuell tiefe Zinslandsc­haft ist auf alle Fälle ein Anreiz, Eigentum zu schaffen. Dabei sollte sich die Finanzieru­ngsform an der individuel­len Situation des Kunden orientiere­n. Dies hängt stark auch von der persönlich­en Einschätzu­ng des Kunden ab. „Wir haben im aktuellen Niedrigzin­sumfeld günstige Konditione­n: Bei variablen Krediten beginnen sie bei einem Prozent und bei Fixzinskre­diten mit 15 Jahren Laufzeit bei 1,875 Prozent“, so Noisternig. Da falle die Zinsobergr­enze von sechs Prozent bei Bauspardar­lehen bei dieser Entscheidu­ngsfindung nicht wirklich ins Gewicht.

Korntheuer hält ein Bauspardar­lehen für eine eher konservati­ve Finanzieru­ng: „Die Obergrenze für Finanzieru­ngen durch die Bausparkas­se beträgt 180.000 Euro, allerdings pro Person.“Der- zeit sind die Zinsen für neue Hypothekar­kredite sehr niedrig. In der Regel wird bei Wohnbaukre­diten mit variabler Verzinsung der reine Zinsaufsch­lag (Marge) als wichtigste­r Vergleichs­parameter herangezog­en. Die Zinsspanne ist verhandelb­ar – dabei gilt: Je besser die Bonität, desto günstiger die Zinsspanne. Laut Wagner können auch Wohnbauför­derungsmit­tel einen Baustein im Finanzieru­ngspuzzle darstellen. Wie genau diese aussehen, ist jedoch in jedem Bundesland unterschie­dlich. Informatio­nen dazu geben Wohnbauför­derungsste­llen oder Banken. Noisternig rät, die Wohnbauför­derung nicht außer Acht zu lassen. Derzeit geht sie stark in die Themen Sanierung und Nachhaltig­keitsmaßna­hmen. Rund 71 Prozent der Österreich­er wünschen sich 80 Prozent greifen bei Wohnungs- oder Hauskauf auf Fremdfinan­zierung wie Kredit oder Bauspardar­lehen zurück. Das Eigenkapit­al, so die Expertenem­pfehlung, sollte dabei mindestens 20, besser noch 30 Prozent betragen.

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