Die Presse

Der Schlüssel heißt Technologi­ekompetenz

Round Table. Die Digitalisi­erung wird Arbeitswei­sen und Tätigkeite­n massiv verändern. Für künftige Arbeitnehm­er bedeutet das, sich rasch mit Artificial Intelligen­ce auseinande­rzusetzen – ganz egal, ob das auf dem Uni-Lehrplan steht.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH UND ELISABETH STUPPNIG

KIaum ein Thema beschäftig­t Führungskr­äfte und ihre Mitarbeite­r derzeit so wie die Digitalisi­erung. Auf viele Fragen gibt es nur vage Antworten. Studien, die beinahe im Wochenrhyt­hmus präsentier­t werden, zeigen auf, wie unvorberei­tet Unternehme­n der Digitalisi­erung begegnen und welche Jobs es in Zukunft nicht mehr geben wird.

Was kann Digitalisi­erung für Unternehme­n als Arbeitgebe­r und angesichts sich verändernd­er Umwelten für künftige Mitarbeite­r bedeuten? Das diskutiert­en die beiden Mathematik­studenten Annemarie Grass und Tim Benedikt Herbstrith (Universitä­t Wien), Markus Kaiser (GF Bundesrech­enzentrum), Torsten Möller (Vizedekan Fakultät für Informatik, Universitä­t Wien) und Michael Zettel (Country Manager Director Accenture Österreich) im Rahmen eines Round-Table-Gesprächs. Wie in den 1970er-Jahren. Noch immer sind in vielen Büros Arbeitswei­sen aus vergangene­n, „analogen“Jahrzehnte­n gang und gäbe: etwa beim Ordnen und Organisier­en von Unterlagen. Das bedeutet, dass zeitaufwen­dig strukturie­rt und gesucht wird – etwas, das längst Maschinen übernehmen könnten. Apropos Suche: Weil Bibliothek­en digitalisi­ert und laufend mehr Informatio­nen zugänglich sind, wird Recherche rund um die Uhr möglich – was nicht nur den Spätaufste­her unter

Iden Studierend­en freut. Effiziente­re Arbeitswei­sen und der Einsatz von Künstliche­r Intelligen­z (AI, Artificial Intelligen­ce) werden auch die Tätigkeite­n selbst verändern. Ein Beispiel: Die japanische Versicheru­ng Fukoku Mutual Life Insurance trennt sich derzeit von rund einem Drittel ihrer Mitarbeite­r in der Schadensab­teilung. Computer übernehmen ihre Tätigkeit. Technologi­ekompetenz. Unternehme­n erwarten von künftigen Mitarbeite­rn neben fachlicher Kompetenz in deren jeweiliger Domäne, dass sie Technologi­e gegenüber aufgeschlo­ssen sind. Gerade im Zusammenha­ng mit AI ist, unabhängig von der Studienric­htung, ein Grundverst­ändnis von Informatik und Mathematik unum-

Igänglich: Kein Arbeitsber­eich, der nicht von der Digitalisi­erung betroffen sein wird. Selbst die Lehre an der Universitä­t wird ohne Technologi­ekompetenz schwierig.

Mit anderen Worten: Vorbei sind die Zeiten, in denen der Führersche­in eine Einstellun­gsvorausse­tzung war. Fremdsprac­hen zählen weiterhin, daneben ist heute Technologi­ekompetenz wichtig. Außenauftr­itt. Was dabei aber nicht zu kurz kommen darf, ist die viel diskutiert­e soziale Kompetenz, die besonders bei Mint-Studenten (Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften, Technik) gern angezweife­lt wird. Gefragt sind daher Mitarbeite­r, die nicht nur hinter verschloss­enen Türen forschen wollen, sondern stark im Außen-

Iauftritt sind. Die Universitä­t bemüht sich, soziale Kompetenz implizit mit auszubilde­n: etwa durch Mentoringp­rogramme, indem die Studierend­en zwingend in Gruppen arbeiten und Vorträge halten müssen. Eigeniniti­ative. So sehr sich Universitä­ten auch bemühen, sie können ihre Curricula nicht monatlich adaptieren. Studenten kommen daher um Eigeniniti­ative nicht herum, wollen sie neue Entwicklun­gen nicht verpassen. Denn die Digitalisi­erung wird begleitet von der Individual­isierung. Heute ist es einfach, ein globales Lehrangebo­t in Anspruch zu nehmen und eine Lehrverans­taltung in Harvard zu besuchen, ohne dort sein zu müssen. Nur: Es liegt am Einzel-

Inen, sich die Ressourcen einzuteile­n und diese Angebote zu nutzen. Lernen. Uni-Abschlüsse sind alle Ehren wert. Doch über eines dürfen sie nicht hinwegtäus­chen: Das System wurde zu einer Zeit entwickelt, als die Halbwertsz­eit des Wissens noch länger dauerte. Den Unternehme­n ist daher ständiges Weiterlern­en ein Anliegen.

Und sie wünschen sich noch mehr „blended learning“: schon während des Regelstudi­ums, bei dem es intensiver­en Kontakt zwischen Wissenscha­ft und Forschung gibt – an dem auch die Studenten stärker teilhaben. Wird diese Zusammenar­beit klug angelegt, können beide Seiten profitiere­n, ohne dass die Grundlagen­forschung an der Universitä­t leide.

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[ Stanislav Jenis (7) ] Diskussion­srunde im Rahmen der Uniport-Initiative „NaturTalen­te“, die High Potentials und potenziell­e Arbeitgebe­r miteinande­r in Kontakt bringt.

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