Debatte nach Gewalt bei Demo
Italien. Wüste Proteste Linker gegen Lega-Nord-Chef Salvini in Neapel lösen Debatte über Meinungsfreiheit für Ultrarechte und Demo-Recht aus.
Neapel. Nach schweren Zusammenstößen in Neapel zwischen Gegnern des Rechtsaußenpolitikers Matteo Salvini und der Polizei ist in Italien eine Debatte über Redefreiheit für Ultrarechte, vor allem aber das Ausmaß zulässiger Proteste entbrannt.
Am Samstag hatten hunderte Mitglieder linker, autonomer und antirassistischer Gruppen gegen den Auftritt des Lega-NordChefs in der süditalienischen Hafenstadt demonstriert. Aus der Demonstration löste sich eine Gruppe, die Steine, Leuchtgeschosse, Rauch- und Brandbomben in Richtung der Bereitschaftspolizisten warf. Die Polizei ging mit Tränengas in die Gegenoffensive, während die Linksaktivisten wiederum Autos und Mülltonnen anzündeten und auch sonst beträchtlichen Sachschaden anrichteten. Die Polizei nahm mehrere Personen fest, mindestens 28 Polizisten und sechs Demonstranten und Passanten wurden verletzt.
Salvini beschuldigte Neapels Bürgermeister von der liberalen Partei Italien der Werte, Luigi de Magistris, für die Krawalle mitverantwortlich zu sein. Am Sonntag forderte er den ehemaligen Anti-Korruptions- staatsanwalt zum Rücktritt auf. Zudem kündigte er an, dass er de Magistris wegen Beleidigung klagen werde: Der Bürgermeister hatte den Leiter der Lega Nord als „fremdenfeindlichen Faschisten voller Verachtung für den Süden“(Italiens, Anm.) bezeichnet.
Redefreiheit durchgesetzt
De Magistris hatte zudem versucht, kraft seines Amtes als Bürgermeister Salvinis Auftritt zu verhindern. Doch der Präfekt der Region setzte im Auftrag des Innenministeriums durch, dass der Lega-Nord-Chef im Sinne der Redefreiheit sprechen durfte.
Die meisten Medien äußerten sich kritisch zum Umgang des Bürgermeisters mit dem Fall. Er habe es Salvini erst ermöglicht, sich zum Verteidiger der Meinungsfreiheit aufzuschwingen, schrieb etwa die Zeitung „La Repubblica“. Auch die gewalttätigen Gegendemonstranten werden medial weithin an den Pranger gestellt. Selbst Bürgermeister de Magistris, der sich vor Tagen für Proteste gegen Salvini ausgesprochen hatte, distanzierte sich von den Ausschreitungen: Er lehne Gewalt ab, sagte er. (ag.)