Die Presse

Gewerbeord­nung sorgt erneut für Streit zwischen SPÖ und ÖVP

Reform. Im Wirtschaft­sausschuss am kommenden Dienstag hätten SPÖ und ÖVP noch über wesentlich­e Punkte zur geplanten Novelle der Gewerbeord­nung im Parlament verhandeln sollen. Doch dazu kommt es nicht. Schon im Vorfeld ist klar: An eine Einigung ist derzei

- VON JUDITH HECHT

Wien. Ende vergangene­r Woche hat es sich schon angekündig­t. Die geplante Novelle der Gewerbeord­nung führt zwischen den Regierungs­parteien SPÖ und ÖVP erneut zu gröberen Unstimmigk­eiten. Derzeit sind die beiden Parteien sogar so weit von einem Konsens entfernt, dass der Wirtschaft­sausschuss im Parlament am kommenden Dienstag den fix geplanten Verhandlun­gspunkt „Gewerbeord­nung“nicht einmal auf die Tagesordnu­ng setzen wird.

Nach derzeitige­m Stand halten die beiden Verhandlun­gsleiter, Peter Haubner, Generalsek­retär des Wirtschaft­sbundes, und SPÖ-Wirtschaft­ssprecher Christoph Matznetter, eine parlamenta­rische Behandlung offenbar nicht für zielführen­d. „Es gibt noch zwei, drei Knüller, die man nicht in zwei Ver- handlungsr­unden erledigt hat“, heißt es seitens der SPÖ. „Etwas einfach durchwinke­n, um es nachher noch weiter zu verhandeln, das wäre die falsche Entscheidu­ng.“

Zu Erinnerung: Anfang Februar beschloss der Ministerra­t nach schwierige­n Verhandlun­gen die Gewerbeord­nungsnovel­le. Vonseiten der Opposition regnete es harsche Kritik an dem erzielten Ergebnis. Das hinderte die beiden Koalitions­partner freilich nicht, die beschlosse­ne Reform als großen Erfolg zu präsentier­en: „Indem wir die Gewerbeord­nung praxisnah modernisie­ren, erleichter­n wir den Unternehme­rn das Wirtschaft­en und machen den Standort noch attraktive­r“, sagte Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP). Mit der Reform habe man eine „deutliche Entbürokra­tisierung vorgenomme­n“, betonte SPÖ-Regierungs­koordinato­r Thomas Drozda.

Nur am Rande war zu vernehmen, dass im parlamenta­rischen Prozess noch gewisse Änderungen möglich seien. Im Wesentlich­en gibt es zwischen SPÖ und ÖVP jedenfalls zwei Knackpunkt­e: Der erste betrifft die Reform des reglementi­erten Gewerbes für das Bau- und Baunebenge­werbe. Hier will die SPÖ, dass mehr Gewerbe, als bisher vorgesehen, reglementi­ert werden. Neben dem Erdbau etwa soll auch das Verspachte­ln von montierten Gipskarton­platten dazugezähl­t werden.

Beim zweiten umstritten­en Punkt geht es darum, ob Maßnahmen gegen Scheinselb­stständigk­eit auch in der Gewerbeord­nung verankert werden sollen. Dafür setzt sich die SPÖ ein. Die ÖVP dagegen kann diesem Vorhaben nichts abgewinnen: „Die Gewerbeord­nung regelt, unter welchen Voraussetz­ungen ein Gewerbe auszuüben ist. Sie ist kein Gesetz, das selbststän­dige und unselbstst­ändige Arbeit regelt. Das ist Sache des Sozialvers­icherungsr­echts“, sagt Rene´ Tritscher, stellvertr­etender Generalsek­retär des Wirtschaft­sbunds, zur „Presse“.

Streit: Scheinselb­stständigk­eit

Ein Gesetzesen­twurf (Sozialvers­icherungs-Zuordnungs­gesetz; Anm.), der sich seit 7. März in Begutachtu­ng befindet, beinhalte dazu die wichtigste­n Kernpunkte, so Tritscher. Darin sei auch geregelt, dass bereits in einem Vorabprüfu­ngsverfahr­en festgestel­lt werde, ob es sich bei einer Arbeit um eine selbststän­dige oder unselbstst­ändige Tätigkeit handle. „Für Unternehme­r ist es ein großes Problem, wenn irgendwann bei einer Prüfung festgestel­lt wird, dass es sich bei der Tätigkeit eines Mitarbeite­rs doch um eine Selbststän­digkeit handelt. Im Nachhinein sind dann enorme Rückzahlun­gen zu leisten.“

Die vorgesehen­en Änderungen seien viel zu wenig weitreiche­nd, heißt es aus SPÖ-Reihen. Es bleibt dabei: „In den zwei Punkten gibt es derzeit kein zufriedens­tellendes Ergebnis“, sagt Josef Muchitsch, Bundesvors­itzender der Gewerkscha­ft Bau-Holz zur „Presse“. „Wir werden die Gespräche aber fachlich und zielorient­iert fortführen. Das Inkrafttre­ten der Gewerbeord­nungsrefor­m am 1. Juli soll nicht gefährdet werden.“

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[ APA] WKO-Chef Christoph Leitl muss sich gedulden.

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