Absichern gegen den Preisauftrieb
Solide Aktien. Angesichts des steigenden Preisniveaus in Europa, aber auch in den USA, schmerzen die tiefen Zinsen. Umso mehr lohnt sich ein Blick auf solide Aktien als langfristigen Inflationsschutz.
Wien. Jetzt geht es scheinbar Schlag auf Schlag. In der Eurozone erreichte die Inflationsrate nach einer ersten Schätzung von Eurostat zwei Prozent, damit liegt sie erstmals seit 2012 wieder knapp über der Zielmarke der EZB. Vor allem der stark gestiegene Ölpreis macht sich bemerkbar. Auch die höheren Preise für Nahrungsmittel hinterlassen ihre Spuren. Freilich, derzeit verweisen die Währungshüter gern auf die weit niedrigere Kernrate von 0,9 Prozent, sie schließt diese Preise bei der Berechnung aus. Das liefert der EZB weiter Argumente gegen eine Zinserhöhung in der Eurozone.
Mit Preisen steigen auch Kosten
Für Rentenanleger sind das jedenfalls bittere Nachrichten. Umso mehr lohnt sich ein Blick auf Aktien von jenen Gesellschaften, die sich in einem Umfeld steigender Inflationsraten besonders gut positionieren können. Das gelingt nicht allen Firmen. Der weitaus größere Teil aller Unternehmen kann die Preise nicht einfach nach Belieben steigern, betont Robert Karas, Leiter des Asset Management bei der Schoellerbank: „Stark verschuldete Unternehmen werden in einem inflationären Umfeld mit höheren Zinsen und damit einem höheren Schuldendienst rechnen müssen“, fügt der langjährige Aktienexperte hinzu.
Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3 Banken-Generali Investment, warnt zudem vor steigenden Kosten für Ersatzinvestitionen in Zeiten hoher Inflation. „Dieser Faktor wird oftmals unterschätzt.“Zudem werde in unserem Steuersystem der nominelle Gewinn besteuert – also ohne Berücksichtigung der Inflationsrate –, „obwohl das betroffene Unternehmen womöglich die eigene Substanz gerade aufbraucht“.
Die Gewinner in einem inflationären Umfeld muss man sorgfältig selektieren. Auch lässt sich nicht eine Branche hervorheben. Stattdessen verweist Karas grundsätzlich auf Qualitätsunternehmen mit Wettbewerbsvorteilen und einer soliden Bilanz, die sich behaupten könnten. „Sie können am besten inflationäre Entwicklungen abfangen und über ihre Preissetzungsmacht Kostensteigerungen an die Konsumenten weitergeben.“
Rupp empfiehlt, kapitalintensive Unternehmen mit hohen Ersatzinvestitionen und geringer Preissetzungsmacht zu meiden. Er rät, in Unternehmen zu investieren, deren Geschäft durch ein Patent oder eine Lizenz geschützt sei und deren Kostenbasis bei steigender Inflation nicht automatisch wachse. Ein Beispiel seien sogenannte Edelmetall-Streaming-Companies wie Silber Wheaton, Franco Nevada oder Royal Gold. „Diese Unternehmen finanzieren vorab Teile der Silber- oder Goldförderung eines Bergbauunternehmens. Später beziehen sie Teile der Produktion zu niedrigen, fixen Preisen und können sie mit einer hohen Gewinnspanne weiterverkaufen.“Steigen die Kosten der Bergbauunternehmen inflationsbedingt, ist das für derartige Gesellschaften nicht mehr relevant.
Ein weiteres Beispiel für inflationsgeschützte Unternehmen sind laut Rupp Franchisemodelle mit einer starken Marke. Die Franchisegeber kassieren eine umsatzabhängige Gebühr sowie eine weitere Gebühr für Marketing und Werbung. Die Kosten für Energie, Rohmaterialien und Miete trägt der Leasingnehmer. Steigen die Umsätze des Leasingnehmers an, nehmen auch die Gewinne des Leasinggebers überdurchschnitt- lich zu, ohne dass dafür weitere Kapitalinvestitionen notwendig seien. Als Beispiel nennt Rupp die Fast-Food-Kette McDonald’s, „wenn auch die Aktie derzeit schon ein wenig teuer ist“.
Konsumgüter werden teurer
Doch das ist nicht alles. Schoellerbank-Analyst Karas verweist auf das Bankgeschäft von Wells Fargo, hier würden sich steigende Zinsen, die mit Inflation zu erwarten seien, positiv auswirken. Auch im Technologiebereich sollten sich Unternehmen wie Google oder Microsoft gut behaupten können, meint Karas. „Zudem sollten die großen Basiskonsumgüter- und Gesundheitsunternehmen in der Lage sein, ihre Preise mit der Zeit anzupassen.“Dazu zählt der Aktienexperte etwa den Schweizer Nahrungsmittelriesen Nestle´ sowie den eidgenössischen Pharmakonzern Novartis, der obendrein mit einer Dividendenrendite von aktuell 3,65 Prozent lockt.
Dann gibt es noch den Bereich der Infrastruktur, in dem Igor de Maack, Fondsmanager des DNCA Invest Infrastructures, ebenfalls gute Chancen gegen eine steigende Inflationsrate sieht. So ist zum Beispiel der französische Baukonzern Vinci auch Konzessionsnehmer und verfügt in Frankreich über mehr als die Hälfte aller Autobahnkonzessionen. Dabei werden die Mautgebühren – mittels einer speziellen Formel – an die Inflation angepasst und inkludieren obendrein eine Prämie als Entlohnung für Investitionen.