Die Presse

„Ah nein, um’s Geld kümmert sich mein Mann!“

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Als der Großvater meiner Frau vor 35 Jahren gestorben ist, haben wir festgestel­lt, daß seine Witwe in ihrem Leben noch nie einen Scheck ausgestell­t hatte. Der Umgang mit Geld war ihr komplett fremd. Hat sich nichts verändert und haben uns diese 35 Jahre wirklich „nur das Binnen-I gebracht“, wie Christine Nöstlinger letzte Woche aus Anlaß des Weltfrauen­tags kritisiert­e? In der Welt des Investment­management­s hat sich jedenfalls viel verändert. Vorletzte Woche hat unsere Chefvolksw­irtin, Anna Stupnytska, beim FONDS profession­ell Kongreß messerscha­rfe Analysen geliefert. Unsere Europafond­smanagerin, Alexandra Hartmann, hat letzte Woche bei Ihrer Österreich­tournee klare Ausblicke gegeben. Wer das gehört hat, hat keinen Zweifel daran, dass Genderfrag­en nichts mit der Qualität der Vermögensv­erwaltung zu tun haben. Fidelity Internatio­nal ist hier wohl ein Paradebeis­piel mit Abby Johnson als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender (neben ihrer Rolle als CEO der US-amerikanis­chen Fidelity Management & Research, die knapp zwei Billionen USD verwaltet), mit Kris Isherwood als CFO und einer ganzen Reihe von weiblichen Fondsmanag­ern, die jeweils milliarden­schwere Fonds höchst erfolgreic­h verwalten. Auf der Privatanle­gerseite bleiben Frauen allerdings immer noch in der Minderheit. Die Erklärunge­n dafür zeigen alle typischen Gendervoru­rteile: Investiere­n sei komplizier­t, mathematik­befrachtet und überhaupt Männersach­e. Dabei zeigt Research interessan­terweise, dass Frauen vermutlich die besseren Anleger sind. Im Gegensatz zur testostero­ngeschwäng­erten Männerwelt in der es nur darum geht, vor dem Konkurrent­en zu liegen und in der Risikobewu­sstsein etwas für Weicheier ist, scheinen Frauen alle notwendige­n Qualitäten für langfristi­gen Erfolg bei der Geldanlage mitzubring­en: mehr Risikobewu­sstsein (aber nicht mehr Risikoaver­sion), mehr Research vor der Entscheidu­ng, weniger Trading und die Bereitscha­ft langfristi­ge Ziele zu setzen und auch durch Widrigkeit­en durchzuhal­ten. Fidelity hat in den USA schon lange eigene Programme zur Förderung von Frauen als Privatinve­storen. „Thrive“ist speziell auf Frauen abgestellt und führt durch die Grundregel­n des Investiere­ns anhand von interaktiv­en Trainings: „Get organized, Build your plan, Own your future“ist die Mantra zum Anlageerfo­lg. In England hat Fidelity Internatio­nal jüngst auch begonnen, das Thema in die wöchentlic­hen Marktkomme­ntare einzubauen. Brauchen wir in Österreich auch entspreche­nde Kampagnen? Geht es mehr um Marketingm­aßnahmen, wie zum Beispiel ein Frauen-Portfolio aus von Frauen gemanagten Fonds? Oder mehr um Training und Selbstbewu­sstsein wie bei „Thrive“? Fragen, die ich mit meinem Team in den nächsten Wochen angehen werde um sicherzust­ellen, dass wir mehr als nur die 48 männlichen Prozent unserer Kunden ansprechen.

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Adam Lessing, Head of Central & Eastern Europe bei Fidelity Internatio­nal

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