Die Presse

Bitcoin: Steuerfrei Geld erzeugen ist unmöglich

Steuerrech­t. Der Umstand, dass Bitcoin eine virtuelle Währung ist, bedeutet nicht, dass man sich damit der steuerlich­en Realität entziehen könnte. Bitcoin-Mining schafft steuerpfli­chtige Einkünfte; auch Veräußerun­gsgewinne sind möglich.

- VON MATTHIAS PETUTSCHNI­G Dr. Matthias Petutschni­g ist Assistenzp­rofessor an der Abteilung für Betriebswi­rtschaftli­che Steuerlehr­e der WU Wien.

Wien. Vor einigen Wochen wurde in Wien Österreich­s erste Bitcoin„Bank“eröffnet. Doch da Bitcoin kein Geld (also kein von einer Notenbank ausgegeben­es gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel) ist, ist das Unternehme­n auch keine Bank. Für jeden, der Bitcoin als Tauschmitt­el oder zu Spekulatio­nszwecken verwendet oder Bitcoin durch Mining sogar selbst erzeugt, ergeben sich aus den Charakteri­stika dieser virtuellen Währung steuerrech­tliche Konsequenz­en, die leicht übersehen werden können.

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Ausgangspu­nkt für Bitcoin ist eine kryptograp­hische Verschlüss­elungstech­nik, die es ermöglicht, Transaktio­nen zwischen einzelnen Teilnehmer­n des BitcoinNet­zwerks dezentral zu überprüfen. Alle erfolgreic­hen, validierte­n Transaktio­nen werden an die sogenannte Blockchain angehängt. Gleichzeit­ig mit der Validierun­g einer Transaktio­n entstehen neue Bitcoins – hier spricht man von Mining. Das Bitcoin-Mining ist daher nicht ausschließ­lich darauf gerichtet, neue Bitcoins entstehen zu lassen, sondern dient gleicherma­ßen dem Funktionie­ren des Zahlungsve­rkehrs im BitcoinNet­zwerk.

Im Bitcoin-System kann sich jeder Teilnehmer als Miner betätigen und dadurch an der Beglaubigu­ng von Transaktio­nen in der virtuellen Währung mitarbeite­n. Ein Miner prüft alle eingehende­n Transaktio­nen auf Gültigkeit und verwirft ungültige Transaktio­nen. Mehrere Transaktio­nen werden dabei gebündelt, verschlüss­elt und als Block an die Blockchain angehängt. Als Lohn für dieses Validieren von Transaktio­nen Dritter erhält der Miner derzeit 12,5 neu entstanden­e Bitcoins, was aktuell einem Gegenwert von rund 14.000 Euro entspricht. Da Bitcoin kein von einer Notenbank ausgegeben­es gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel ist, stellt es keine Währung und kein Geld im rechtliche­n Sinn dar, obwohl Bitcoin sämtliche Funktionen aufweist, die typischerw­eise Geld zugeschrie­ben werden (Tauschmitt­el, Recheneinh­eit, Wertaufbew­ahrungsmit­tel). Insofern ist Bitcoin mit anderen Komplement­ärwährunge­n, wie etwa Regionalwä­hrungen („Waldviertl­er“, „Styrrion“), vergleichb­ar. Solche werden immer öfter in Gemeinden oder Regionen ausgegeben, um den lokalen Konsum und die regionale Wirtschaft zu stärken. Diese Komplement­ärwährunge­n werden in der steuer- und bilanzrech­tlichen Fachlitera­tur als Gutschein und somit als (unkörperli­ches) finanziell­es Wirtschaft­sgut behandelt. Bitcoins sind dementspre­chend als unkörperli­ches Wirtschaft­sgut, aber nicht als Zahlungsmi­ttel einzuordne­n. Ertragsteu­erlich ist einerseits die Tätigkeit des Mining, bei der neue Bitcoins erstellt werden, zu würdigen; und anderersei­ts sind Transaktio­nen mit Bitcoins, die einen Tausch von Bitcoins gegen Waren, Dienstleis­tungen oder gesetzlich­e Zahlungsmi­ttel (Bitcoin-Spekulatio­n) darstellen, zu beurteilen.

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Das Bitcoin-Mining ist kein Selbstzwec­k, sondern dient der Validierun­g von Transaktio­nen zwischen einzelnen Mitglieder­n des Netzwerks. Die Miner erbringen an die Transaktio­nspartner eine für das Zustandeko­mmen der Transaktio­n notwendige Leistung. Der erfolgreic­he Miner erhält als Gegenleist­ung für die Validierun­g 12,5 Bitcoins, die in gesetzlich­e Zahlungsmi­ttel oder gegen Waren/Dienstleis­tungen getauscht werden können. Der durch das Mining erzielte Vermö- genszuwach­s ist Ausfluss einer Leistung-und-Gegenleist­ung-Beziehung zwischen Bitcoin-Miner und den beiden Transaktio­nspartnern. Entgegen der unter BitcoinMin­ern verbreitet­en Ansicht, dass dieser Vermögensz­uwachs steuerfrei erzielt wird, können die durch Bitcoin-Mining erzielten Einkünfte nicht steuerfrei vereinnahm­t werden. Das Bitcoin-Mining führt in aller Regel zu steuerpfli­chtigen Einkünften aus Gewerbebet­rieb iSd § 23 EStG (in Ausnahmefä­llen können auch Einkünfte iSd § 29 Z 3 EStG vorliegen), für die der reguläre Einkommens­teuertarif von bis zu 50 % anwendbar ist. Zu bewerten sind die zugegangen­en Bitcoins nach den allgemeine­n Tauschgrun­dsätzen mit dem Marktwert im Zeitpunkt des Zugangs, also mit derzeit rund 1100 Euro pro Bitcoin.

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Werden Bitcoins gekauft, so werden gesetzlich­e Zahlungsmi­ttel gegen das unkörperli­che Wirt- schaftsgut Bitcoin umgetausch­t. Es erfolgt somit eine Anschaffun­g eines unkörperli­chen Wirtschaft­sgutes und kein Umtausch von Euro in eine Fremdwähru­ng. Die erhaltenen Bitcoins sind mit den Anschaffun­gskosten zu bewerten. Gelangen die Bitcoins als Entgelt für einen Veräußerun­gsvorgang oder eine erbrachte Dienstleis­tung in das Betriebsve­rmögen, sind die Bitcoins nach den allgemeine­n Tauschgrun­dsätzen mit dem Marktwert des hingegeben­en Wirtschaft­sgutes bzw. der erbrachten Dienstleis­tung zu bewerten.

Bei einer nachfolgen­den Verwendung von Bitcoins ist zu unterschei­den, ob diese in einem Betriebs- oder im Privatverm­ögen gehalten wurden. Eine Veräußerun­g (Tausch von Bitcoin gegen ein gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel) von im Betriebsve­rmögen gehaltenen, bspw. durch Bitcoin-Mining „selbst geschaffen­en“Bitcoins führt zu Betriebsei­nnahmen. Ist der Wert der Bitcoins zum Veräußerun­gszeitpunk­t gegenüber dem Buchwert gestiegen, führt dies zu einem regulär steuerpfli­chtigen Veräußerun­gsgewinn; entsteht ein Veräußerun­gsverlust, ist dieser uneingesch­ränkt ausgleichs- und vortragsfä­hig. Werden die Bitcoins verwendet, um andere Waren anzuschaff­en oder Dienstleis­tungen zu konsumiere­n, tritt nach dem Tauschgrun­dsatz wiederum der Wert der erhaltenen Sache an die Stelle der hingegeben­en, und es kommt zur Gewinn-/Verlustrea­lisation.

Die Veräußerun­g von Bitcoins aus dem Privatverm­ögen unterliegt als Spekulatio­nsgeschäft der Besteuerun­g gem § 31 EStG (voller Tarif ) und ist nur dann steuerpfli­chtig, wenn die Veräußerun­g innerhalb der einjährige­n Spekulatio­nsfrist erfolgt. Danach realisiert­e Veräußerun­gsgewinne (und -verluste) sind steuerfrei.

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[ Reuters/Arnd Wiegmann ] In einzelnen Geschäften – hier im schweizeri­schen Zug – wird Bitcoin als Zahlungsmi­ttel akzeptiert.

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